
Einfach ist es momentan nicht. Das grosse C ist allgegenwärtig, schwebt wie ein grosser Brocken über uns allen, wirft seinen Schatten auf die Erde, auf das Leben und auf uns. Das Virus ist das eine, die vorgeschriebenen Schutzmassnahmen das andere. Es schränkt uns ein und es beeinflusst uns in unserem Denken und Handeln. Momentan ist vieles nicht möglich. Ach, was sage ich. „Momentan“… es geht ja schon eine ganze Weile so.
Wir gehen alle gemeinsam durch eine Krise, es gibt keinen einzigen, den es nicht betrifft. Das ist etwas, was wir noch nie zuvor erlebt haben. Es ist wie ein Tunnel. Das Licht am Ende ist nicht sichtbar, keine Ahnung, wie lang der Tunnel noch ist. Wir haben im Sommer gemeint, wir wären draussen, aber wir haben uns geirrt…
Der Tunnel macht uns krank und diese Krankheit ist unsichtbar und ansteckend. Um uns gegenseitig zu schützen halten wir einen gewissen Abstand und tragen Masken vor Mund und Nase. Das ist nicht schön, aber leider notwendig, um gesund zu bleiben. Zuviele Kranke könnten wir nicht mittragen und das möchten wir verhindern.
Einige von uns fühlen sich ganz okay, geil findet’s aber grad keiner. Andere fühlen sich psychisch nicht gut oder sogar richtig schlecht. Dafür gibts ja genügend Gründe Jeder hat sein Bündel auf dem Rücken und das Gehen ins Ungewisse verpufft ganz schön viel Energie. Und dennoch, wir helfen einander so gut es geht, denn wir müssen da alle durch.
Alle müssen auf so viel verzichten. Niemand wünscht es sich, in diesem Tunnel festzustecken für weiss nicht wie lange.
Es gibt auch Kranke. Immer mehr sind es, denn Infizierte stecken einander an. Und es gibt Tote. Anfangs waren es einzelne, aber es werden immer mehr.
Unterschiedliche Menschen gehen unterschiedlich mit Krisen um. Wie so oft im Leben gibt es kein Richtig oder Falsch, schlussendlich kennen alle den Weg nicht. Einige von uns sind erfahrene Höhlen- und Tunnelforscher, die machen das beruflich und sie sind dafür angestellt worden, um uns durch diese Krise zu führen.
Sie waren in ganz vielen Tunnels, in vielen Höhlen, haben darüber gelesen und jahrelang studiert und wissen ganz schön viel. Aber dieser Tunnel hier, der ist noch total unerforscht. Er ist neu. Er ist unberechenbar. Auch die Fachleute müssen laufend dazu lernen und die neuen Erkenntnisse mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung vergleichen, um neue Ergebnisse zu erhalten.
Die Zeit läuft weiter. Einige oder vermutlich viele von uns werden krank, einige davon schaffen es nicht, andere werden schnell wieder gesund. Es ist nicht bei jedem dasselbe.
Im Tunnel stossen wir immer wieder auf Abzweigungen, die verheissungsvoll aussehen. Es gibt viele Wege. Eine Tunnelkarte hat niemand. Manche von uns möchten abbiegen, sie wittern eine Abkürzung, eine Vereinfachung und ein schnelleres Ende dieser elenden Sache.
Langsam geht die Geduld zu Ende und auch das Durchhaltevermögen. Hier gibt es auch Höhlenforscher, die andere Theorien vertreten und die auch erfahren sind. Aber leider kennen auch sie diesen Tunnel nicht, auch wenn sie noch so überzeugt sind von ihrer Meinung.
Und einige sagen, sie seien Höhlenforscher, aber sie sind es gar nicht. Sie sehen aber vertrauenswürdig aus und können gut sprechen. Sie verbreiten ihre Meinung überall auf den sozialen Medien und einige schliessen sich ihnen an, weil sie ihnen glauben.
Möglicherweise gibt es mehrere Ausgänge oder verschiedene Wege, die dorthin führen. Man weiss es erst irgendwann später, wenn man retour blicken und die Sache auswerten kann. Jetzt weiss man das noch nicht. Auch die nicht, die es zu wissen meinen.
Möglicherweise denken ziemlich viele, dass ihre Meinung nicht einfach nur ihre Meinung ist, sondern DIE Wahrheit. Und die muss natürlich auch jedem verkündet werden.
Vermutlich denken auch ziemlich viele, dass das eigene Spüren der Situation ebenfalls das Wahre und auf alle andern übertragbar ist.
Ich glaube, wenn es einem bewusst ist, dass dem nicht so ist, merkt man auch, dass man nicht unbedingt ein Video mit seiner Meinung veröffentlichen muss.
Aber das ist ja auch jedem selber überlassen, wie immer.

Aber genug.
Der Titel dieses Textes heisst „Das Leben geniessen“. Schwierig irgendwie, wenn man in diesem Tunnel steckt.
Aber weisst du was? Wir stecken gar nicht wirklich in einem Tunnel. Wir stecken überhaupt nicht fest. Es ist eine schwierige Situation. Ungewiss. Und wenn man viel darüber nachdenkt, ist es durchaus sehr beunruhigend. Wir kennen den Ausgang dieser Sache nicht und wir wissen auch nicht, was bis dahin noch alles geschieht. Wir hören zuviel, wir lesen zuviel und auch die Stimmen derer, die im Tunnel in eine ganz andere Richtung gehen, die sind verwirrend. Was ist richtig? Das nicht zu wissen, ist belastend.
Auch die sogenannten Massnahmen sind belastend, auch wenn sie wohl notwendig sind. Einige wehren sich, glauben an eine Verschwörung oder zumindest daran, dass es entweder ohne Massnahmen auch oder sogar besser ginge oder dass diese uns mehr schaden als das Virus. Es gibt auch Menschen, die auf all das verzichten möchten und es okay finden, die Menschen, die sehr krank werden, hinter uns zu lassen. Menschen, die auch okay finden, wenn viele von uns daran sterben, weil der Tod ja zum Leben gehört.
Aktuell ist es ja so, dass wir in der Schweiz wirklich sehr, sehr viele Menschen haben, die an Covid19 erkrankt sind und auch viele, die täglich sterben. Nicht mehr nur einer oder zwei pro Tag. Jetzt sind es 30 oder mehr pro Tag.
Ich habe gelesen, dass es wohl bald los geht mit der Triage. Das bedeutet, dass die Ärzte entscheiden müssen, wer behandelt wird und wer nicht, weil die Ressourcen der Krankenhäuser ausgehen werden. Es wird also abgeschätzt, bei wem sich lebensrettende Massnahmen lohnen und bei wem nicht. Wahnsinn, dass es soweit kommen kann. In UNSEREM zivilisierten und wohlhabenden Land. Ich fasse es nicht…. wirklich.
Ich habe auch gelesen, dass offenbar viele betagte Menschen sich nicht behandeln lassen möchten und sterben oder sterben werden. Auch das ist Triage, vom Patienten selbst entschieden. Ich denke nicht, dass diese Menschen alle tatsächlich sterben möchten bzw dass es ihnen egal ist, an Corona zu sterben. Ich bin mir ganz sicher, dass viele von ihnen noch ein paar schöne Jahre vor sich hätten. Wohlverdiente Jahre.
Aber wie ist es wohl, wenn man von überall her hört und liest, dass die Alten nicht geschützt werden sollen, weil sie ja eh bald sterben? Dass die Alten eine Last sind? Dass sie wertvolle Krankenhausplätze besetzen?
Ich denke mal, solche Aussagen hinterlassen ihre Spuren und vielleicht denkt so der eine oder die andere, dass ihr oder ihm kein Recht auf Krankenhauspflege bzw. kein Recht auf Gesundung zusteht.
Wie schlimm ist das denn, bitte?

Schon wieder vom Thema abgekommen und das zeigt die Problematik auch grad recht gut. Es ist gar nicht einfach, auf andere Gedanken zu kommen, Covid19 wirft seine Schatten irgendwie überall hin.
Umso wichtiger, dass wir uns Auszeiten schaffen. Dass wir es schaffen, auch mal abzuschalten, runter zu fahren und uns zu entspannen und zu erholen. Mal nicht an all das zu denken.
Jede und jeder auf seine bzw ihre Art und Weise.
Ich finde das schwierig, sogar fast unmöglich. Ich habe damit nicht erst seit Corona Schwierigkeiten, sondern eigentlich seit der Trennung von meinem Ex-Mann. Seitdem ich allein bin mit dem Kind und die Verantwortung für ganz vieles allein trage, fällt es mir sehr schwer, diese auch mal loszulassen. Im Spannungsfeld zwischen Arbeit und allein für eine Familie zu sorgen.
Ich bin es am Lernen. Die Corona-Situation macht es nicht einfacher.
Wenn die Welt rund um mich herum verrückt spielt, dann lebe ich umso mehr in meiner kleinen Welt mit meiner Tochter und da ist alles in Ordnung. Das ist mein warmer, sicherer Kokon.
Ich sehe all die kleinen, schönen Dinge. Ich liebe meine Wohnung, in der ich mich geborgen und wohl fühle. Ich mache es uns hier gemütlich mit einer schönen Atmosphäre, zufriedenen Meerschweinchen, einem glücklichen Kind. Das ist meine Oase.
Ich sehe gerne die schönen Dinge, die mir überall wo ich hingehe, begegnen. Die wunderschöne Tasse mit dem guten Kaffee, die „meine“ Lieblings-Coiffeuse mir hinstellt. Die zwei Stunden Auszeit, die ich dort letzte Woche in friedlicher Atmosphäre genossen habe.
Schöne Begegnungen sind auch mit Distanz, mit Maske, per Telefon oder Social Media möglich. Natürlich sind sie ohne Abstand und ohne Maske viel schöner, aber was bringt es nun, mich darüber zu ärgern und das was ich nicht habe, in den Mittelpunkt zu stellen? Ich finde es viel aufbauender zu sehen, was ich kann und was ich habe.
Ich gehe gern spazieren und fotografiere viel. Gerade momentan finde ich, dass es draussen manchmal atemberaubend schön aussieht. Wenn die Sonne durch den Nebel scheint oder wenn es dünne Nebelschwaden über dem Boden hat und oben blauen Himmel. Die Bäume und Wälder, deren Blätter sich verfärben und dann zu Boden fallen.
Die Wärme der Sonne, wenn sie strahlt ist noch immer beachtlich und tut richtig gut.
Tief durchatmen, die frische Luft in der Lunge und auf der Haut spüren, das lädt alle inneren Akkus auf. Das tut richtig gut. Immer. Und besonders jetzt.
Ich finde auch, dass die Herbstabende ihren ganz besonderen Reiz haben. Sich einkuscheln in der warmen Stube, eine Kerze anzünden, einen heissen Tee trinken und die Welt und ihre Themen einfach draussen lassen.
Es gibt mega viel Schönes. Manchmal kleine Dinge, aber sie wahrzunehmen ist ermutigend. Es ist nicht alles nur Corona, es gibt auch ganz viel anderes. Um ehrlich zu sein, wenn man sich nicht einredet, eingeschränkt und seiner Freiheit beraubt zu sein, kann man sogar ziemlich normal leben. Und Normalität hilft, sich besser zu fühlen.
Natürlich weiss ich, dass es gerade jungen Menschen fehlt, abends wegzugehen und einander zu sehen. Das verstehe ich sooo, denn es ging mir vor xxxxx Jahren ja nicht anders. Ein Samstagabend zuhause war undenkbar. Aber ich glaube, die Jungen sind ja auch klug und die verstehen das Warum.
Ausgenommen von meinen Aussagen sind auch Menschen, die durch die Corona-Situation ihre Arbeit verloren haben oder verlieren werden, die grosse Existenznöte haben, ihre Arbeit nicht ausüben können usw. Das ist natürlich wieder ganz etwas anderes.
Das Leben geniessen. Das ist auch jetzt möglich und vielleicht war es noch nie zuvor so wichtig wie genau jetzt.

Kommentar verfassen