
„Lernen am Modell“ ist eine Lerntheorie, entwickelt von Albert Bandura. Dabei geht es darum, dass sich eine Person, also zB ein Kind, eine andere Person, also zB Papa, Mama, Lehrer:in usw. aussucht und beobachtet, wie diese:r sich in gewissen Situationen verhält und dies dann imitiert. So werden neue Dinge erlernt. Wenn ein Kind zB immer wieder sieht, wie seine Mama „danke“ sagt, wenn sie etwas vom jemandem erhält, wird es dies mit grosser Wahrscheinlichkeit übernehmen, ohne dass es darauf hingewiesen wird.
Gerade von uns Eltern lernen Kinder ja wahnsinnig viel, sind sie doch von ganz klein auf ganz viel um uns herum. Sie hören uns beim Sprechen zu und probieren Wörter dann auch zu sagen. Sie sehen, wie wir uns fortbewegen und versuchen das dann auch. Zuerst rollen und rutschen sie auf dem Bauch herum, dann kriechen sie und irgendwann versuchen sie dann aufzustehen und lernen zu gehen. Sie erleben, wie wir mit andern Menschen oder auch mit Tieren und unserer Umwelt umgehen und machen uns auch dabei ganz viel nach. Neben dem Imitieren und dadurch lernen werden Werte und Haltungen verinnerlicht. Dieser werden ganz bestimmt im Verlauf des weiteren Lebens mit all den Erfahrungen, die so ein Mensch macht, weiterentwickelt und können sich auch verändern. Der Grundstein dafür wird aber schon ganz früh gesetzt.
Und genau das möchte ich in diesem Text zum Thema machen.
Ich finde, dass wir alle das Recht haben, ganz viele Fehler zu machen und immer wieder dazu zu lernen. Das Recht, niemals ausgelernt zu haben, nicht fehlerfrei sein zu müssen und das Recht auf Imperfektion. Dazu möchte ich aber auch sagen, dass mit diesem Recht auch eine Verpflichtung Hand in Hand geht. Nämlich die Verpflichtung, für diese Fehler dann doch auch die Verantwortung zu übernehmen. Dazu zähle ich in erster Linie, dass zu Fehlern gestanden wird. Und danach sollen sie in Ordnung gebracht werden, wenn nötig. Also unter Umständen ist eine Entschuldigung angebracht oder / und eine Korrektur.
Bei Kindern verhält es sich noch ein bisschen anders als bei uns Erwachsenen. Ich finde ganz vieles, was Kinder tun eigentlich erstmal okay, weil sie es noch nicht anders wissen oder noch nicht anders gelernt haben.
So nehme ich zB das Thema Mobbing.
Mobbing passiert an ganz vielen Orten. Dort wo Erwachsene sind und auch dort, wo Kinder sind, also zB in der Schule. Kinder, das wissen wir alle, können wahnsinnig brutal und gemein zueinander sein. Ich glaube aber, dass die meisten von ihnen sich kaum bewusst sind, was sie da genau tun. Was sie auslösen und dass das, was sie tun, Mobbing ist. Und vermutlich wissen sie auch gar nicht so genau, was Mobbing überhaupt ist. Für Kinder sind das Spielereien. Spass machen, auch wenn es auf Kosten anderer ist. Machtspiele. usw. Ich denke, den meisten Fällen von Mobbing steht nicht die Absicht dahinter, jemanden wirklich leiden zu sehen oder ein anderes Kind psychisch kaputt zu machen.
Es steht einfach Unwissen dahinter. Vielleicht auch ganz viel Unsicherheit und Unreife. Ich habe gelesen, dass Kinder, die andere mobben, ganz oft psychische oder soziale Probleme haben, denn sonst würden sie das nicht tun (müssen).
Ich finde, dass das ein sehr ernstes Thema ist und dass da zB die Vorbildfunktion von uns Erwachsenen sehr stark gefragt ist. Ich denke nicht, dass Kinder, die mobben zu verurteilen sind, sondern Erwachsene, die es zulassen, wegsehen und den Kindern nicht 1. Grenzen setzen und 2. ihnen nicht erklären, wie man miteinander umgeht und auch, was Mobbing auslösen kann bzw auslöst weit über das Jetzt hinaus.
Die Rolle als Vorbild nimmt man ja in gewissen Funktionen automatisch ganz stark ein. Wie schon geschrieben, als Eltern und in der Schule als Lehrpersonen und Schulleitung. Welche Haltungen da vermittelt werden und welche Regeln herrschen, wie miteinander umgegangen wird, das sind Dinge, die Kinder da von Grund auf lernen und vielleicht ihr Leben lang so beibehalten werden.
Kinder, die mobben und in ihrem Verhalten von Erwachsenen gestärkt werden, werden diese Verhaltensmuster genau so beibehalten. Das ist das eine. Zum andern nimmt man ihnen aber auch die Chance, andere, gesündere Verhalten zu erlernen, denn normal ist es ja nicht, sich gut zu fühlen, indem man andere plagt.
Die Mobber:innen sind die eine Seite.
Die Opfer die andere.
Was ihnen durch Mobbing zugefügt wird, kann langwierige psychische Schäden auslösen. Wenn die Täter:innen aber dann doch von den Erwachsenen geschützt, gestützt und so in ihren Taten unterstützt werden, ist das dann eigentlich gar nichts anderes als erweitertes Mobbing. Also steigen die Erwachsenen so in ihrer Rolle mit ins Mobbingverhalten ein.
Das klingt wohl abwegig, kommt aber oft vor, denn Mobber:innen sind oft sehr geschickt. Mobbing findet sehr subtil und versteckt statt und es gelingt diesen Menschen auch ganz oft, dass ihnen mehr geglaubt wird als den Opfern. Ich habe vor einiger Zeit in der Zeitung einen Bericht gelesen, ein Interview mit einem Erwachsenen, der als Kind gemobbt hat. Er hat unter anderem gesagt, dass er im Nachhinein am meisten schockiert darüber ist, dass es ihnen gelungen ist, alle Erwachsenen auf ihre Seite zu ziehen und dass dem Opfer gar niemand mehr geglaubt hat.
Das ist mir ziemlich eingefahren. Und ich weiss, dass das genau so ablaufen kann bzw ganz oft so abläuft.
Ein Freund hat mir heute geschrieben: Ich kann und will damit nicht leben.
Und ICH will das auch nicht.
Ich würde hier gerne meine Geschichte erzählen, aber die Zeit ist noch nicht reif dafür. Ich weiss aber aus eigener Erfahrung, wie verdammt wichtig es ist, dass wir unsere Wertvorstellungen nicht verlieren und dass wir sie weiter geben. Dass wir unseren Kindern beibringen, sorgfältig miteinander umzugehen und dass es keine Gründe gibt, jemanden fertig zu machen. Nie.
Dass es niemand nötig hat, andere kaputt zu machen, um sich mächtig und gross zu fühlen. Und wenn, dass das total falsch ist. Dass Menschen, die sowas tun, bitte Hilfe bekommen, bevor sie andere zerstören.
Das möchte ich ganz fest in die Welt hinaus tragen, das ist mir unendlich wichtig.
Peace.
Kommentar verfassen