Schwimmen lernen… Leben lernen…


Schon ganz früh in unserem Leben lernen wir schwimmen. Manche sogar schon als Babies.
Wir lernen dies vor allen Dingen für den Notfall.
Um nicht zu ertrinken. Und das ist gut so.

Schwimmen ist unter normalen Umständen eigentlich ganz einfach. Vor allem, wenn wir unser Ziel vor Augen haben. Das Ufer oder den Rand des Schwimmbeckens. Ein bisschen anders ist es, wenn dies nicht der Fall ist. Und noch ein bisschen schwieriger wird es, wenn die Wellen höher schlagen, wenn die See wild und ungestüm ist. Oder wenn wir Kleidung tragen, die uns schwer am Körper hängt. Noch schwieriger wird es, wenn wir Angst oder sogar Panik haben oder wenn an unseren Füssen ein schwerer Stein befestigt ist.

So ist es doch auch im Leben.
Leben ist ganz einfach, wenn es ruhig und unspektakulär verläuft. Oder halt einfach normal. Wenn uns der Weg bekannt ist oder das Neue uns spannend erscheint und mit Freude erfüllt. Wenn wir die Hügel, die wir erklimmen freiwillig und mit einem nicht allzu schweren Rucksack erklimmen dürfen. Es ist schön, mit Rückenwind und Schwung durchs Leben zu gehen. Allein oder im besten Fall mit jemandem an der Hand, der uns wenn nötig stützt und beim  Tragen hilft. Wunderbar, wenn uns von Zeit zu Zeit Menschen begegnen, die uns freundlich zuwinken oder uns auf einem Abschnitt unseres Weges begleiten und dann wieder ihrer eigenen Wege gehen. Es ist schön, wenn die Sonne scheint, wenn es nicht zu heiss und nicht zu kalt ist und wenn es uns nicht total verregnet oder einschneit.

Leben können wir nicht üben oder nur bis zu einem gewissen Grad. Es beschert uns laufend neue Ereignisse und Situationen und wir lernen dadurch immer dazu. So sammeln wir Lebenserfahrung, die uns im Alltag, im Umgang mit andern Menschen und auch mit ähnlichen Situationen hilfreich ist. Und doch ist jede neue Situation wieder anders als die vorherige und so fordert uns das Leben immer wieder heraus. Das ist gut. Und das ist manchmal schwierig.

Wir wünschen uns manchmal perfekte Bedingungen so wie Surfer sich die perfekte Welle wünschen. Die gibt es selten und das ist ganz normal. Das Leben ist nur bis zu einem gewissen Mass planbar und eigentlich gar nicht berechenbar.
Irgendwann im Leben erlebt man Dinge, die man schwierig findet. Die kann man bezeichnen, wie man will. Der eine nennt sie Probleme, der andere Krise und wieder ein anderer sieht alles als Herausforderung. Und obwohl wir ja alle mehr oder weniger gut schwimmen können, werden wir dann ins Wasser geworfen. Ins kalte, wilde, tiefe. Manchmal kommt jemand mit einem Rettungsboot und fischt uns raus und manchmal fahren die Boote an uns vorbei, muntern uns im besten Fall auf und lassen uns eine Stärkung da.
Während wir uns abstrampeln und versuchen, den Kopf über Wasser zu halten.
Das zweite ist viel anstrengender als das erste. Es ist natürlich schön, wenn man gerettet wird und manchmal ist dies durchaus notwendig. Dennoch finde ich, dass es Sinn macht, wenn möglich selber ans Ufer zu schwimmen, womöglich nimmt man eine der vielen vorhandenen Schwimmhilfen an.
Wenn man irgendwann im Leben wieder ins Wasser fällt, also wenn die Wellen des Lebens sich wieder mal über einem zusammenschlagen, dann weiss man, dass es schon einmal geschafft hat und das gibt Kraft und Mut und Hoffnung. Eine nicht nur schöne, aber wichtige Erfahrung, wie ich finde.

Meistens schwimmt man ja nicht zurück, sondern weiter. Auf, zu neuen Ufern sozusagen. Das ist dann oft mit einem Neuanfang verbunden, das kann ein kleiner oder ein grosser sein. Das kann schön und inspirierend sein, es kann aber auch beängstigend und anstrengend sein.
Je nachdem, wie man es sieht.
Oder ein bisschen von beidem, je nach Befindlichkeit, in der man gerade steckt.

Ich sage ja immer, dass es gut ist, Dinge und Menschen so hinter sich zu lassen, dass man sich zwischendurch umdrehen kann, ohne dass es einem graut. Und auch so, dass man nicht Angst haben muss, irgendwas springe einem plötzlich von hinten an.
Ich möchte von mir behaupten, dass ich es genau so mache. Ich habe mich in meinem vergangenen Leben ein paar Mal im Wasser wieder gefunden und habe jedesmal eine Weile gebraucht, um wieder an Land zu kommen. Das geht bestimmt jedem Mensch früher oder später mal so. Ich glaube auch, dass ich so stark wie noch nie bin. Ich habe jedesmal die notwendige Zeit investiert, um wie oben gesagt, alles zu verarbeiten, ohne davon in schlaflosen Nächten verfolgt zu werden. Klappte ganz gut eigentlich.

Und doch gibt es Ereignisse, die schwappen zwischendurch über einen hinein wie eine grosse Welle. Ich glaube, es ist vielleicht nicht das Ziel, dass es im Leben keine Vergangenheitswellen mehr gibt, sondern dass sie mit den Jahren kleiner werden und uns nicht mehr so sehr aus dem Gleichgewicht bringen. Es ist gut, festen Boden unter den Füssen zu haben. So kann so eine kleine oder mittelgrosse Welle einen nicht mehr so sehr aus den Socken hauen.

Ich finde Wellen okay.
Ich finde sie zum Leben dazu gehörend. Egal, ob das gut oder schlecht ist, es ist einfach so und wird sich nicht ändern, wenn ich mich dagegen stelle. Es schwimmt sich einfacher mit den Wellen als gegen sie und zumindest in diesem Fall finde ich dies empfehlenswerter als dagegen anzukämpfen. Energieschonender irgendwie, trotz allem.

Vielleicht hat jeder und jede seine eigene, persönliche grosse Welle, die ihn oder sie im Verlauf des Lebens immer wieder heimsucht. Themen, die man schwierig findet. Traumata. Vielleicht.
Meine heisst Verlust, vor allem durch Tod, aber auch durch Weggehen. Und wie heisst deine? Vielleicht ist es das Ziel, damit umgehen zu lernen? Und wie weiss man, dass man das kann? Wenn sie über einem hinwegbraust und man unbeteiligt und cool bleibt? Oder bedeutet das etwa, dass man etwas verdrängt, dass man etwas nicht zulässt? Oder hat man seinen Endgegner, also diese grosse Welle, besiegt, wenn man sich ihr stellt und sich von ihr ohne Widerstand eine Weile mittragen lässt ohne dabei zu ertrinken und wenn man an ihr wächst? Ist es das? Oder was ist es genau?

Ich denke, jeder geht damit seinen Möglichkeiten entsprechend um und es gibt wohl kein richtig oder falsch.































Eine Antwort zu „Schwimmen lernen… Leben lernen…”.

  1. Avatar von kritikverloren
    kritikverloren

    Sali Du,

    Da hast Du schon recht mit und der Vergleich mit dem Schwimmen in Wellen, oder bei rauem Seegang trifft das mit dem Leben ganz gut. Letztendlich geht’s wohl nur nich darum den Kopf oben zu halten und dabei nicht vollends unterzugehen.

    Zu Deiner Frage mit dem Endgegner, respektive wie man damit umgeht: verdrängen ist nie eine gute Lösung. Weil das nur temporär gutgeht. Am Ende handelt es sich dabei nämlich nur um Ballast, der einen irgendwann runterzieht. Bis auf den Grund.
    Von daher taugt mir der Gedanke ganz gut, dass man einfach cool bleibt während so eine Riesenwelle über einen hinweg rauscht. Allerdings braucht’s da eine ganze Weile für, bis man das ohne Panik übersteht.

    Liebe Grüsse aus rainy Züri
    Christian

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