Weltkrebstag


Es gibt viele schlimme Krankheiten. Physische sowie psychische. Ich glaube, wie schlimm eine Erkrankung ist und was das überhaupt bedeutet, können wir ohne eigene Erfahrungen mit ihr nur erahnen. Und wir können von Glück sprechen, wenn wir und unsere Lieben gesund sind und es bleiben. Da scheiss ich auf die Erfahrung, die braucht keiner.

Aber wir werden auch vor solchen Erfahrungen nicht verschont, das Leben konfrontiert uns mit jedem nur möglichen Thema. Irgendwann. Oder vielleicht sogar immer wieder. Und die Krankheit, mit der wir uns konfrontiert sehen, ist die schlimmste. Jedenfalls für uns.

In meinem näheren Umfeld wurde ich schon mit verschiedenen Krankheiten konfrontiert, aber wohl am häufigsten mit Krebs. Meine Eltern sind daran gestorben. Lungenkrebs und Speiseröhrenkrebs. Ich kenne auch andere Menschen, die an Krebs gestorben sind.
Und ich kenne Menschen, die überlebt haben und wieder gesund sind und es hoffentlich auch bleiben. Einige! Und das ist der wichtigste Satz des ganzen Textes.

Und nun ist heute Weltkrebstag.
Ich brauche ihn nicht. Krebs ist für mich ein Thema, das nie ganz aus meinem Kopf geht. Natürlich nicht immer bewusst und nicht immer schmerzhaft, aber meine Erfahrungen mit ihm haben mich traumatisiert. So, dass ich in Panik ausbreche, wenn jemand den ich lieb habe, daran erkrankt. Ich denke oft daran, vielleicht zu oft.

Meine Rolle in der ganzen Geschichte war die der Tochter, der gesunden Tochter um es präzise auszudrücken. Nicht ich war an Krebs erkrankt. Nicht ich bekam diese Schock-Diagnose. Nicht ich musste Angst um mein Leben haben. Nicht ich musste Chemotherapie und Bestrahlungen über mich ergehen lassen. Nicht ich hatte Schmerzen und fühlte mich elend und schwach. Nicht ich kämpfte ums Überleben. Nicht ich verlor meine Haare. Nicht ich musste immer wieder ins Krankenhaus. Nicht ich war immer soooo tapfer für die anderen, um sie nicht zu beunruhigen, obwohl die Angst vor dem Tod allgegenwärtig war…  (Und doch war diese Zeit extrem schlimm für mich, die schlimmste meines Lebens wahrscheinlich.)
Das war ich nicht, die am Ende dann doch starb, nach einer langen, langen Leidenszeit…. alles umsonst. All dieses Leiden, all dieses Hoffen, all diese Behandlungen, die auch eine Tortur waren… Alles umsonst…

Meine Mutter starb vor fast 20 Jahren und mein Vater vor 10.
Lange her irgendwie… Die Gefühle von damals sind schwächer geworden, aber sie sind noch da und ich weiss, dass sie es bleiben werden. Sie werden nie vollständig verschwinden. Vor allem die Angst und die Traurigkeit. Ein Schatten davon bleibt.

Der Tod war am Ende nicht mal das schlimmste für mich. Es war beide Male ein Schock und irgendwie ein Zusammenbruch aller Hoffnungen, ein nicht mehr weiter Wissen im Moment, Verlust, Trauer… All das was vorher war, war im Nachhinein betrachtet für mich viel schlimmer, falls man es überhaupt vergleichen kann.
Der Tod war eine Erlösung, um ehrlich zu sein. Nicht nur für meine Mutter oder meinen Vater, sondern auch für mich. Ich hatte mir das alles ganz anders gewünscht, erhofft. Ich wollte, dass alles wieder gut ist, dass sie wieder gesund sind und alles einfach wieder gut. Aber so war das nicht. Überhaupt nicht. Es gab keine Chancen auf Heilung.
Das, wovor ich seit langem unglaublich grosse Angst gehabt hatte, war eingetroffen. Für mich ging das Leiden weiter, aber anders. Trotz allem war das jetzt eine klare Situation, eine schwierige Situation, die ich überstehen musste. Zu diesem Zeitpunkt war es kein Trost für mich zu wissen, dass das Leiden für sie nun zu Ende war, dass sie erlöst wurden. Ich haderte damit, da waren so viele „warums“, Suchen nach dem Sinn und nach Antworten… Und die gab es nicht. Die gibt es nie.
Später half mir dieser Gedanke und ich war froh, dass es vorbei war. Auch für mich, denn Menschen, die man liebt beim Leiden zuzusehen und nicht wirklich etwas dagegen machen zu können, das ist sehr hart. Ich möchte das auch tatsächlich nie wieder erleben müssen.

Seitdem berühren mich Krebsgeschichten besonders stark. Ich kann mich da nicht gut abgrenzen, wenn ich jemanden kenne, der das durchmachen muss, kommt grosses Mitgefühl in mir auf und die Erinnerung an all diese Ängste.
Ich glaube, andern geht es ebenso. Das Erlebte hat uns geprägt, sei es mit Krebs oder mit anderen Krankheiten oder Schicksalen.

Und heute am Weltkrebstag wünsche ich allen, die damit zu kämpfen haben, in welcher Rolle auch immer, Durchhaltevermögen, Kraft, viel, viel Glück. Möglichst wenig Leiden und eine möglichst schnelle Heilung.
Ihr habt wahnsinnig viel Respekt von mir. Und ebenso viel Mitgefühl.

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