
Seit vier Jahren wohne ich wieder in der selben Strasse, in der ich aufgewachsen bin. Nicht im selben Haus, aber schräg gegenüber. Lustig, wie es der Zufall manchmal will. Oder das Schicksal. Wer weiss schon ganz genau, welche Einflüsse im Leben immer so mitspielen oder ob überhaupt.
Jedenfalls stand in dieser Strasse seit gefühlt immer ein kleines Häuschen, zwischen Restaurant und Bäckerei. In meiner Kindheit war darin eine Strickerei oder wie auch immer man es genannt hat, darin beherbergt. An Strickmaschinen wurde allerlei hergestellt. Ich erinnere mich nur zu gut an die (juckenden) Pullover, die wir von unserem Grosi jeweils zu Weihnachten geschenkt bekommen haben.
Später war da dann mal ein Brocki drin und dann für mehrere Jahre ein Kerzen-Atelier, in dem man wunderschöne Kreationen kaufen konnte. Und im oberen Stock befand sich eine Wohnung. Vielleicht auch mehrere, keine Ahnung.
In den letzten paar Jahren stand es oft leer, wurde immer baufälliger und sah dann auch irgendwie immer unbwohnbarer aus.

Dieses alte Häuschen wurde nun abgerissen und mit ihm leider auch der daneben stehende Baum, um einem grossen Neubau Platz zu machen. Ich fand es recht spannend zuzusehen, wie Schritt für Schritt mit einem grossen Bagger Wand für Wand, Stein für Stein abgetragen wurde. Wie jeden Tag weniger übrig war von diesem Haus und nach einer Woche dann gar nichts mehr.
Wir haben das interessiert beobachtet und gefühlt, wie da nicht nur Stein um Stein, sondern mit ihnen auch ganze Lebensgeschichten und Spuren von ehemaligen BewohnerInnen dieser Räume abgetragen wurden. Ein Stückchen Vergangenheit.
Wenn man von hinten ins halb abgerissene Haus geschaut hat, sah es wie eine Puppenstube aus, bei der die vordere Wand fehlt. Irgendwie schön, einfach in schmuddelig.
Jedenfalls ist es jetzt weg, dieses alte Häuschen. In etwas mehr als einem Jahr wird dort ein grosses, neues Gebäude stehen.
Jetzt gerade steht dort aber nichts und wir sehen ein Haus, das wir vorher noch nicht gesehen haben und weiter hinten am Horizont den Waldrand mit einem grossen, in der Nacht beleuchteten Kreuz auf dem Hügel. Schon schön. Geniessen wir das, bis das neue Haus dann Stein auf Stein aus dem Boden wächst, um neue Geschichten in sich zu beherbergen. Dann wird sich unsere Aussicht wieder verändern.
Und die heuten Kinder und zukünftigen Erwachsenen werden eines Tages sagen, dass dieses neue Haus gefühlt schon immer da gestanden hat….

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