
Wir haben nicht viel Zeit. Und in dieser Zeit versuchen wir, mit ganz vielem fertig zu werden, wir überleben, überstehen, verdrängen, verarbeiten, therapieren und vergessen oder vergessen nicht. Jeder und jede sehr oft für sich allein.
Vielleicht sollten wir anfangen, uns viel mehr voneinander zu erzählen. Uns nicht zu schämen für unsere Tränen, unsere Ängste und Wut. Uns nicht zurückzuziehen mit diesen Erfahrungen. Ich sage ja immer, das was wir rauslassen, das bleibt nirgends in uns stecken, egal ob als Trauma, Magengeschwür oder psychisches Problem. Also ist ja eigentlich sprechen etwas Gutes. Weinen ebenso. Oder Schreiben, Schreien oder was auch immer einem gut tun. Hauptsache, es setzt sich nicht zu sehr in uns fest, verhärtet und stört.
Aber das ist so eine Sache, finde ich. Wir können und möchten nicht jedem alles erzählen. Und denen, denen wir es erzählen, möchten wir nicht lästig werden oder zuviel. Wir möchten nicht jammern. Und wir möchten uns an das ungeschriebene Gesetz „nach einer Weile geht es wieder“ halten und alles abschliessen. Das tun wir. Gegen aussen. Und ich glaube, vieles erzählen wir gar nicht und dafür gibt es bestimmt viele Gründe. Bei mir ist es eigentlich meistens Scham oder nicht langweilig zu sein oder jammern zu wollen.
Und doch bin ich der Meinung, wir sollten viel mehr erzählen und zuhören. Nicht nur die sogenannt negativen Dinge, sondern natürlich auch schöne. Dies hingegen fällt uns ja viel einfacher.
Ich glaube, wir würden uns mit unseren ganz normalen Sorgen und Ängsten längst nicht mehr so alleine fühlen, wenn wir wüssten, dass andere sie auch haben. Und die Phrase „Wie geht es dir?“ würde vielleicht zu echtem Interesse und hätte eine ehrliche Antwort zur Folge.
Das muss nicht mit jedem sein und auch nicht immer, aber vielleicht einfach ein bisschen öfters.
Ich mache wirklich immer die Erfahrung, jedenfalls hier auf dem Blog, dass die Texte, in denen ich von Schicksalsschlägen oder halt Erlebnissen aus meinem Leben und meinen Gedanken dazu, besonders oft aufgerufen werden. Einige schreiben Kommentare oder Feedback, um zu erzählen, was SIE ähnliches erlebt haben oder WIE sie es erlebt haben. Das interessiert mich und ich freue mich auch darüber.
Mir ist es wichtig, dazu noch zu sagen, dass wir nie jemanden auf ein Erlebnis, eine Erfahrung oder auf ihre oder seine momentane Befindlichkeit reduzieren sollten. Ich habe immer wieder das Gefühl, da wird so oft vieles missverstanden und das gibt ein ungutes Gefühl. Ich kann zum Beispiel die Situation, alleinerziehend zu sein, anstrengend erleben und sagen, dass ich das nie so wollte und mir viele Sorgen über verschiedene Dinge machen oder auf vieles verzichten müssen und doch ansonsten ein zufriedener und glücklicher Mensch sein.
Wir sind immer viel mehr als nur ein Teil des Ganzen.
Ich habe noch viel zu erzählen und ihr bestimmt auch. Tut es, möglicherweise hilft es euch und auch andern.
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