Pandemie ist ziemlich unsexy.


Was unsere Nachbarsländer seit Wochen machen, werden wir ab Montag auch in der Schweiz tun. Teilweise zumindest. Wir werden in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske tragen (müssen). Dies wurde uns gestern vom Bundesrat mitgeteilt. Natürlich gibt das wieder Diskussionen. Wir sind ja in der Schweiz und da haben wir offensichtlich immer wieder mal ein bisschen Mühe damit, wenn etwas (oder jemand) Neues auf uns zukommt. (Manchmal frage ich mich tatsächlich, ob dies eine typisch schweizerische Eigenschaft ist oder ob das in andern Ländern auch so ist.)

Ich kann schon reden, mich betrifft das nämlich eher nicht so, da ich aus praktischen Gründen mit dem Auto zur Arbeit fahre. Aber falls ich in den Ferien mal Bus, Zug oder Schiff fahren werde, wird es mich wenig stressen, eine Maske zu tragen. Ich rege mich über sowas einfach nicht auf, denn ich wüsste nicht warum. Die Maske schützt mich ja. Und dazu die andern auch noch. Win Win also. Natürlich beschlägt meine Brille immer und ich habe Wallungen unter der Maske und es ist einfach irgendwie unangenehm. Aber ganz bestimmt 1000x angenehmer, als einen Beatmungsschlauch in meiner Luftröhre zu haben und um Atem oder schlimmstenfalls um mein Leben zu ringen. Dieses Risiko kann mit einer Maske stark vermindert werden, also lohnt es sich meiner Meinung nach.

Es ist wie immer. Es gibt Menschen, die regen sich wahnsinnig darüber auf und ich muss sagen, ich verstehe es ein klitzekleines bisschen, aber mehr dann auch wirklich nicht. Aber nur, weil es ohne angenehmer ist als mit. Was den Nutzen betrifft, kann ich keine Aussage machen, da glaube ich als Unwissende einfach den Fachleuten.
Ich verstehe auch, dass nicht alle sehr anpassungsfähig sind. All die Massnahmen und die Pandemie an sich ist eine grosse Herausforderung für uns.
Aber, es ist eine Maske.
N U R   E I N E   M A S K E . Sie bedeckt Mund und Nase und erschwert vielleicht am Anfang das Atmen ein bisschen und erzeugt auch viel Wärme. Aber wir tragen die für ein paar Minuten oder im höchsten Fall ein, zwei Stunden, während wir von A nach B reisen. Andere tragen täglich eine Maske bei der Arbeit, stundenlang. Und arbeiten noch dabei. Ich finde, wenn sich jemand beklagen darf, dann wohl die. Vermutlich tun sie’s nicht, weil sie den Nutzen der Maske kennen. Wenn ich Diskussionen höre und lese kommt es mir vor, als müssten wir alle ab Montag mindestens eine Taucherausrüstung im Bus tragen. Oder eine Ritterrüstung mit Schild und Lanze. 
Aber es ist nur eine kleine Maske. 

Natürlich finden wir alle, dass es langsam reicht jetzt. 
Die vier Monate seit März sind irgendwo im Nichts verschwunden. Es ist gleichzeitig total viel passiert und irgendwie aber auch nichts. Einige haben diese Wochen und Monate entspannt erlebt, haben die Freizeit und die Ruhe genossen und ich möchte behaupten, dass viele von ihnen nicht sooo viel von der Pandemie mitbekommen haben. Andere haben aber genau das Gegenteil erlebt, gerade auch Menschen, die in Pflegeberufen, im Gesundheits- oder Betreuungswesen, aber auch in den Läden oder Online-Versandzentren arbeiten (natürlich auch noch viele andere Berufe). Berufsleute wurden im Job zum Teil stark oder sogar bis zur Belastungsgrenze gefordert und viele von ihnen hatten ihre Kinder zuhause und waren auch zuständig für das Unterrichten oder Betreuen dieser. Die Kinderbetreuung war nun bedingt gewährleistet. Zudem war es vielen in diesen Berufen nur bedingt möglich, sich zu schützen. Gerade am Anfang waren viele einer Ansteckung einfach ausgesetzt. 
Wenn man Bedenken äusserte oder um Rücksicht bat, kam gerne der Spruch „bleib doch zuhause, wenn du Angst hast“. Aber wenn kann einfach zuhause bleiben, weil er sich und seine Familie auch gerne schützen würde, aber erstens auf den Lohn angewiesen ist und zweitens die Firma auf ihn? Unrealistisch. Ich finde, es ist einfach ein ernst nehmen gefordert und auch Rücksicht. Und was man dann ja auch sehr gerne hört ist, dass man zuviel Angst habe oder Panik mache. Aber ich finde, auch das stimmt nicht. Ich bin der Meinung, wenn jemand diese Vorsichtsmassnahmen für sich selbst unnötig findet, dann soll er darauf verzichten, aber er soll gefälligst keine andern gefährden damit. Wenn andere sich schützen möchten, wenn andere nicht krank werden möchten, dann ist dies zu berücksichtigen und ich finde, das ist einfach Anstand. Die Modediagnose momentan ist ja Narzissmus. Sind denn alle, die jetzt nur für sich schauen wollen, Narzissten? Das würde ich nicht sagen. Aber zumindest sehr egoistisch und nicht im Zusammenhang denkend. Oder sie verstehen nicht, worum es geht.

Ich finde, es ist im Leben vielleicht manchmal ein bisschen komplizierter, aber im grossen und ganzen doch viel einfacher, wenn man zusammenhängend denken kann. Wenn man nicht nur ein Element sieht – z.B. sich – sondern alles rundherum auch (natürlich in einem gesunden Mass). Schlussendlich sind wir verbunden mit vielen Menschen in unserem Umfeld. Und nicht nur damit. Wir sind mit ganz vielen Dingen verbunden, zu einem Mobile gestaltet und wenn irgendetwas am andern Ende dieses Mobiles zappelt, dann zappelt das ganze. So ist das im Kleinen und so ist das auch im Grossen. 

Wir haben in den letzten Tagen ja von Superspreadern gelesen. Einzelnen, die an Covid erkrankt waren, dies aber wohl noch nicht wussten, unter Leute gingen und ganz viele angesteckt haben. Natürlich weiss jeder, der jetzt in eine dichtbepackte Bar oder in einen Club geht, dass das Risiko einer Ansteckung besteht. Da ist also keiner Schuld, nur jeder selbst. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich so ein Superspreader wäre, ich wüsste nicht, wie ich damit leben könnte, wenn unter Umständen wegen meiner Unvorsicht jemand sterben könnte. Egal wer. Egal, ob er oder sie irgendwann sowieso gestorben wäre, was man ja auch immer gern als Begründung sagt. Mir wäre das nicht egal. Ich möchte das nicht. Und ich möchte auch nicht krank werden. Ich habe tatsächlich Angst davor. Naja, jetzt nicht lähmende, grosse Angst. Eher so Respekt und Bedenken. Ich will es einfach nicht. Was wäre denn dann mit meinem Kind, wenn ich wochenlang z.B. ins Krankenhaus müsste? Das darf schlichtweg nicht passieren.

Vielleicht schaffen wir es einfach, noch durchzuhalten. Es ist zu befürchten, dass es noch eine ganze Weile dauert. Und vielleicht ist es gut, wenn die, die sich die ganze Zeit über solchen Pille Palle aufregen, mit etwas wichtigerem beschäftigen und dann keine Zeit mehr für sowas haben. Wer weiss…

Pandemie ist halt allgemein nicht so sexy. Vielleicht sollten das langsam alle mal verstehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Antwort zu „Pandemie ist ziemlich unsexy.”.

  1. Du sprichst mir aus der Seele! Mich stört der Mund-Nasen-Schutz sehr, aber ich brauche ihn nur zum Einkaufen oder demnächst für einen Arztbesuch. Wenn es heißt, ich schütze damit die anderen Menschen, ist es für mich selbstverständlich, das auch zu tun. Und ja, die Pandemie ist einfach doof, aber anwesend. An der Maskenpflicht arbeiten viele Leute ihre Ängste ab und regen sich darüber auf. Oft verleugnen sie damit auch die Pandemie oder befürchten eine Diktatur, und das ist einfach lächerlich

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