Vielleicht sind Narben gar keine Narben, sondern einfach Spuren, die das Leben hinterlässt. In uns und an uns, innerlich und äusserlich.
Und vielleicht machen wir diese manchmal noch schlimmer als sie eh schon sind, weil wir sie uns selber wieder aufreissen, um darin herumgrübeln, statt sie einfach heilen zu lassen.
Wenn wir nicht weitergehen wollen. Wenn wir nach Antworten suchen, die es nicht gibt. Wenn wir festhalten, aber loslassen müssten.
Dann vernarben Wunden manchmal lange nicht. Oder Narben werden wieder zu Wunden. Es ist schmerzhaft.
Und vielleicht sind wir das auch nicht immer selber, die unsere Narben aufreissen. Manchmal sind das andere Menschen, die das tun. Bewusst oder unbewusst.
Und wir lassen es zu.
Und wir verstecken unsere Narben. Manchmal.
Wir sehen sie als Makel. Als Schönheitsfehler. Als Schwäche. Dinge, die andere nicht sehen sollen, Dinge die kaschiert und versteckt werden sollen.
Aus Angst, dass sie uns weniger attraktiv erscheinen lassen. Weil wir uns schämen für das, was wir erlebt haben, was uns zugefügt wurde. Und manchmal, weil wir uns selbst nicht immer daran erinnern wollen, weil wir vergessen wollen.
Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter früher oft gesagt hat „es heilt besser, wenn Luft dran kommt“ und ich glaube, sie hat recht. Natürlich meinte sie zum Beispiel Schürfwunden, die man sich als Kind ja öfter mal zufügt. Aber ich glaube, es passt auch auf die seelischen Wunden.
Wir müssen unsere Wunden und Narben nicht jedem zeigen, aber zu verstecken brauchen wir sie auch nicht. Sie gehören zu uns und zum Leben. Oft haben sie uns geprägt, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht.
Jedes Leben hinterlässt Spuren an seinem Menschen, sichtbare und spürbare. Ich glaube, wenn wir uns trauen würden, sie als zu uns gehörig zu tragen, würden sich das andere auch trauen. Denn sie zu verstecken und zu überspielen braucht für die Betroffenen oft wahnsinnig viel Energie. Und zu sehen, dass es andern – oder allen – irgendwie ähnlich geht, wenn auch ganz anders, wäre auch für die Akzeptanz von sich selbst, aber auch von andern nicht so verkehrt.
Sie gehören dazu, unsere Verletzungen. Sie müssen weder hervorgehoben noch kaschiert werden. Genauso wie all die anderen Dinge, die uns ausmachen.
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