Ich habe gerade etwas über die Wahrheit gelesen und mir ein paar Gedanken gemacht.
Kennst du die Situation, in der du von deinem Gegenüber – egal ob du das möchtest oder nicht – mit seiner Wahrheit beglückt wirst? Seine Meinung über ein Verhalten von dir zum Beispiel.
Positive Rückmeldungen sind ja meistens eher nicht so das Problem. Die nehmen wir gerne entgegen, egal ob sie unserer Wahrnehmung entsprechen oder nicht. Wenn nicht, kann man sie immer noch als Geschleime ablegen und darüber grinsen.
Der Umgang mit Kritik ist, so finde ich, manchmal schwieriger. Ich empfinde Kritik, wenn sie wohlwollend ist, auch als Bereicherung und als Grund, mir Gedanken zu machen, was durchaus positiv ist.
Es gibt aber auch Situationen, in denen ich mich angegriffen und sehr missverstanden fühle. Situationen, in denen ich mich so fühle, als müsste ich mich rechtfertigen. Und das mag ich nicht. Ich finde, das muss ich nicht und ich finde auch, das muss nicht sein.
Und dann gibt’s Aussagen wie „du kannst die Wahrheit nicht ertragen“ oder „du willst du Wahrheit nicht hören“…
Es gibt ja Fälle, in denen man Wahrheit und Unwahrheit klar voneinander unterscheiden kann. Aber es gibt auch Fälle – und diese scheinen mir in der Überzahl – in denen die Wahrheit von verschiedenen Personen unterschiedlich gesehen wird. Also hat die Wahrheit ganz viel mit der eigenen Wahrnehmung von sich, vom Umfeld oder von einer Situation zu tun. Die Wahrheit ist in diesem Fall die subjektive Wahrheit, eigentlich meiner Meinung nach zu Unrecht „Wahrheit“ genannt. Es handelt sich um eine Wahrnehmung, ich möchte sogar sagen, es handelt sich um eine Beurteilung. Aus einer gewissen Distanz beurteilt man eine Situation anders, als wenn man mittendrin steckt. Manchmal ist Distanz von Vorteil, durchaus. Manchmal aber auch nicht. Als aussenstehende Person sieht man dann doch nur einen Teil des Ganzen, nimmt es aber als Ganzes wahr.
Ich habe das in letzter Zeit öfters erlebt, im positiven wie im negativen. Menschen, die zB sagen, ich mache das so gut in dieser schwierigen Situation. Ich freue mich darüber und ich weiss, dass sie aber nicht nur recht haben, denn manchmal ist alles drunter und drüber. Aber ich glaube, diese Menschen wissen, dass „es gut machen“ nicht bedeutet, eine Situation ungeschehen oder weg zu machen, sondern eine Situation zu durchleben. Mit Hochs und Tiefs. Und dass das normal ist. Ich bin dankbar über solche Aussagen. Sie sind wirklich sehr aufmunternd und auch irgendwie wertschätzend, weil diese Person versteht, dass „es gut machen“ manchmal richtig viel Kraft kostet und dass es momentan einfach nicht anders geht als so wie man es macht.
Ich hatte bzw. habe in dieser Phase ziemlich Mühe damit, Kritik anzunehmen. Ich glaube, es hat damit zu tun, dass ich mich sehr gedemütigt fühle, dass ich sehr verletzt bin. Da ertrage ich etwas, was mich nach unten zieht, Druck aufsetzt, nicht besonders gut.
In einer Krise muss man wohl den Weg gehen, den man sieht und es ist gut, wenn man überhaupt einen sieht, denn nicht mal das ist selbstverständlich.
Ich glaube, in einer solchen Phase ist es unglaublich wichtig, aufbauend auf jemanden einzuwirken und nicht dämpfend. Das gibt mir nun gerade auch wieder die Bestätigung, dass lösungs- und ressourcenorientiertes Arbeiten total Sinn macht. Und halt eben nicht nur bei der Arbeit, sondern allgemein im Umgang mit Menschen.
Und dann gibt’s Aussagen wie „wenn ich dich wäre, würde ich…“ oder „ich würde das so und so machen“…
Wie oft ich solche Sätze höre… bestimmt immer gut gemeint. Ich möchte wirklich niemandem zu nahe treten nun. Ich weiss, da versetzt sich jemand in mich und möchte helfen. Irgendwie ist das ja das einzige, neben zuhören, was man machen kann. Viel mehr geht nicht und das ist schwierig, ich weiss das.
Es ist aber relativ einfach gesagt, was man in dieser Situation, in der man ja Gott sei Dank nicht steckt tun würde. In Wahrheit ist aber meistens alles ganz anders. Es ist nicht nur die Situation an sich, nein, da kommt noch viel anderes dazu. ZB all die Gefühle, Ängste, Verpflichtungen usw. Und vielleicht kennt man die Situation und all ihre Hintergründe gar nicht so genau bzw. nicht gut genug, um sie beurteilen zu können.
Der Mensch, der eine Situation so handhabt wie er es eben tut, hat wohl seine Gründe und er wird sich Gedanken gemacht haben. Meistens wohl mehr als genug. Tagelang. Nächtelang. Vielleicht hat er aufgrund eben dieser Situation und der damit eingehenden Befindlichkeit auch gar nicht all die Möglichkeiten, die man als aussenstehende Person hat.
Ich glaube, Ratschläge sind durchaus auch mal erwünscht, vielleicht kommt es dabei auch ein wenig auf die Formulierung an. Oder auf die Beziehung, die man zur betroffenen Person hat.
Wie auch immer… Was für mich die Wahrheit ist, muss es nicht auch für alle andern sein.
Kommentar verfassen