Freundschaft hat für mich viele Gesichter, vermutlich so viele wie es Menschen gibt. Freunde können vieles sein. Familie, Stütze, Ausgleich, ein Auffangnetz, Vertraute, jemand mit dem uns etwas verbindet…
Meine Freundschaften haben sich in den letzten Jahren verändert. Es sind nicht mehr so viele Menschen, die ich meine Freunde nenne, wie noch vor zB zehn Jahren. Als berufstätige Mutter habe ich auch einfach nicht viel Freizeit, dh auch nicht so viel Zeit, oft weg zu gehen, jemanden zu treffen. Und ehrlich, manchmal auch keine Lust. Ich arbeite drei Abende pro Woche und finde es einfach schön, dann auch mal bei der Familie zuhause zu sein. Und ich bin müde. Irgendwie immer.
Ich glaube, ich bin für viele uninteressant geworden, Kontakte wurden weniger und versandeten irgendwann. Ich suche die Gründe dafür nicht unbedingt bei den anderen. Ich weiss, dass ich mich auch hätte melden können. Ich habe dafür schon seit einer Weile nicht die notwendige Energie. Das ist keine Ausrede. Ich finde die letzten zwei Jahre anstrengend. Der Jobwechsel vor einem Jahr und besonders die Zeit bevor, die hat mir zugesetzt. Job, Familie, Haushalt, private Termine usw. Ich bin an meine Grenzen gestossen und manchmal ein bisschen drüber hinaus.
Und es ist interessant, wer dann bleibt und wer nicht. Wer trotzdem immer wieder schreibt oder anruft, obwohl ich selbst das seltener mache. Und von wem nichts mehr kommt, wenn nicht ich die Initiative ergreife. Sind schon ein paar und ich bin enttäuscht, das stimmt schon. Aber vermutlich klingt das nun bitterer als es ist. Irgendwie ist es für mich auch der Lauf des Lebens und ich kann damit ganz gut umgehen. Es ist ja auch überhaupt nicht so, dass ich niemanden mehr hätte.
Die verschiedenen Arten von Freundschaften, das ist ja schon auch etwas spannendes. Da gibt es Menschen, mit denen telefoniert man alle paar Wochen, man sieht sich fast nie, aber es ist total gut so wie es ist. Das funktioniert nicht mit allen, dann reisst es zB ab, man hat sich nichts mehr zu sagen. Mit andern trifft man sich ab und zu zum Kaffee, einfach wenn’s passt, ungezwungen und spontan. Ich mag das total.
Es gibt Freundschaften, die viele Jahre dauern. Menschen, die sehr wichtig geworden sind. Wir kennen uns total gut, reden über vieles, verstehen einander. Jede hat ihr Leben, ihre Familie, manchmal auch nicht die gleiche Meinung wie ich. Das hat Platz. Ganz viel Nähe, Interesse für einander, Vertrautheit und Verbindlichkeit und auch das Wissen, dass sich nichts ändert, auch wenn wir uns mal drei Wochen nicht sehen.
Es gibt die, die sich nur dann melden, wenn sie etwas brauchen. Ob man mitmacht, entscheidet jeder für sich. Ich persönlich bin vermutlich nun in einem Alter, wo ich sowas nicht mehr will.
Ich denke, Nähe hat nicht viel mit räumlicher Distanz zu tun. Es gibt Menschen, die sind weit, weit weg und fühlen sich doch näher an als andere, die geografisch eigentlich näher sind. Das ist diese innere Verbundenheit, irgendwas das einfach passt, etwas unerklärliches. Seelenverwandtschaft? Ich weiss es nicht. Es ja auch sowieso egal wie man es nennt.
Freunde sind für mich einfach Menschen, bei denen ich mich nicht verstellen muss. Bei denen ich tratschen, rumalbern, Wichtiges besprechen, weinen, lachen und mich einfach wohlfühlen kann. Menschen, bei denen ich auch mal kompliziert sein darf oder schlecht drauf. Bei denen ich „nein“ sagen darf, ohne dass gleich die Hütte brennt. Menschen, die mir gut tun, wie auch immer. Einige bleiben lange, andere weniger, dafür kommen ab und zu mal neue dazu.
Und all das ist die eine Hälfte der Freundschaft. Alles, was ich von einem Freund bekomme bzw erwarte, bin ich auch bereit zu geben. Selbstverständlich.