Unter Seufzen und Stöhnen….


Jammern.
laut klagen; unter Seufzen und Stöhnen jemandem seine Schmerzen, seinen Kummer zeigen.
über jemanden, etwas laut und wortreich klagen; seiner Unzufriedenheit über etwas Ausdruck geben
(Duden)

Ich ertappe mich oft dabei, lieber nichts oder zumindest nicht zuviel (oder wenigstens nicht die Wahrheit) zu erzählen, aus Angst, mein Gegenüber könnte es als Jammern auffassen. Oder noch schlimmer, mein Gegenüber könnte daraus ableiten, dass ich etwas von ihm oder ihr erwarte. Eine Erleichterung meiner Situation, eine Unterstützung, eine Lösung. Dabei habe ich gar nie Erwartungen, sondern würde einfach gerne erzählen. Denn als Alleinerziehende hat man zuhause keinen, mit dem man sich austauschen kann, egal worüber. Und halt auch über die Themen, über die man ja sonst mit niemandem spricht. Über Sorgen, über Dinge die man schwierig findet.

Ich erlebe das alles mit meinem Umfeld mehrheitlich ja sehr positiv. All die Gedanken gehen ja in meinem Kopf ab. Ob meine Gesprächspartnerin sich diese Gedanken auch macht oder das Gefühl hat, ich jammere dauernd rum oder erwarte irgendwas, das weiss ich nicht. Meistens macht man sich ja zuviele Gedanken. Ich zumindest.

Gerade mit dem Geld ist das ja so eine Sache: Über Geld spricht man nicht, Geld hat man.
Ich glaube, es ist eigentlich auch logisch, dass sich die finanzielle Situation einer Familie einschneidend verändert, wenn ein Elternteil als Verdiener und als Mitbezahler wegfällt. Übrig bleibt ein Elternteil, der oder die nun plötzlich Alleinverdienerin ist, daneben aber auch noch Haupterzieherin und alleinige Trägerin aller anfallenden Arbeiten, Termine, Organisation und Verantwortung. Aus diesem Grund arbeitet diese Person wohl in vielen Fällen Teilzeit, um all diesen Aufgaben gerecht zu werden. Ich empfinde mein 60%-Pensum als sehr ausreichend. Den zeitlichen Aufwand betreffend. Die Finanzen betreffend wiederum, ist 60% echt wenig, wenn man damit eine Familie – wenn auch eine kleine – durchtragen muss, denn Versicherungskosten, Miete und alles, was man noch alles so benötigt, wollen gezahlt sein.

So ist das Geld für mich ein präsentes Thema. Eigentlich überlege ich dauernd am Geld herum und rechne, teile ein und koordiniere. Ich empfinde diese Situation als sehr unangenehm. Nicht unbedingt mich betreffend, sondern mein Umfeld betreffend.

Nach einer Trennung oder Scheidung ergibt sich wohl meistens vor allem für die Person, bei der die Kinder den Hauptwohnsitz haben, eine komplett neue Lebenssituation. Alles ändert sich. Ich habe schon mehrere Male darüber geschrieben. Etwas Grundlegendes, was sich verändert – verändern muss – ist der Lebensstandard. Dieser ist eng mit dem Thema Geld verbunden, wenn wir ehrlich sind. Und in diesem Bereich kann ich wirklich mit meinem Umfeld nicht mehr mithalten.
Wo wir als Familie vorher eineinhalb Löhne zur Verfügung hatten, habe ich jetzt noch etwa 0,7, wenn man den Unterhalt für das Kind mit dazu rechnet. Also wo man sich früher vieles leisten oder auch mal essen gehen konnte oder sowas, ist das nun doch sehr anders. Wir haben alles was wir brauchen, es gibt keinen Grund, sich zu beklagen. Um aber alle Rechnungen zahlen und uns Lebensmittel bis ans Monatsende leisten zu können, lasse ich alle unnötigen Ausgaben weg oder schränke sie so gut wie möglich ein. Natürlich ist das nicht in jedem Monat dasselbe. Es kommt auf die zusätzlichen oder ungeplanten Ausgaben an, z.B. das Einkleiden des Kindes im Frühling oder Winter oder Autoreparaturkosten usw. So etwas bringt so ein Monatsbudget dann ziemlich aus dem Gleichgewicht.
Dann fängts an, unangenehm zu werden. Nicht mal unbedingt, weil ich nicht überall dabei sein kann, sondern weil ich mich so oft in der Lage sehe, mich erklären zu müssen. Klar muss ich nicht. Aber wenn Freundinnen fragen, ob wir zusammen essen gehen oder ins Kino oder ins Cafe und ich sage nein, dann möchte ich doch nicht dass sie denken, ich wäre an ihnen bzw am Kontakt mit ihnen nicht mehr interessiert, also sage ich lieber die Wahrheit. Und ich will da wirklich auch dazu stehen können. Ich will mich nicht dafür schämen. So weit bin ich jedoch noch nicht.
Und dann schliesst sich dann der Kreis wieder mit dem Anfang dieses Textes.

Ich ärgere mich manchmal darüber, dass ich mich so oft erkläre. Aber ich weiss noch nicht so recht, wie ich es umgehen kann. Geld ist wirklich nie ein Thema, so lange man es hat. Und wenn man es nicht (mehr) hat, dann schon.
Da gibt es zum Beispiel Verkaufssituationen. Jemand will mir etwas verkaufen und fragt immer wieder nach, obwohl ich abgelehnt habe, bis ich mich irgendwann gezwungen fühle, zu erklären, warum. Ich mag das nicht. Für mich ist das einfach unangenehm und peinlich.
Da versuche ich das zu kleine Fahrrad des Kindes zu verkaufen und wäre einfach froh, noch 100 Franken dafür zu bekommen und jeder ist nur bereit, eigentlich gar nichts mehr dafür zu geben, obwohl es in tadellosem Zustand ist. Darüber habe ich mich soooo geärgert.
Da sage ich, dass ich z.B. Brot in diesem bestimmten Geschäft teuer finde, weil es fast den doppelten Preis als normal kostet (aber auch besonders gut ist, muss man ja auch sagen) und mein Umfeld fällt vor Lachen vom Stuhl, weil ich Brot zu teuer finde.
Da beschliesst man z.B. bei der Arbeit, zusammen essen zu gehen und mir wird innerlich schlecht, weil ich nicht 30 oder 40 oder 50 Franken ausgeben kann / will an einem Abend, um danach am Lebensmitteleinkauf für’s Kind und mich dies wieder einsparen zu müssen. Oder dieselbe Situation mit Freundinnen. Oder ein Klassentreffen. Solche Situationen gibts echt oft. Es ist auch nicht so, dass ich es mir nie gönne, zwischendurch geht das, aber momentan halt wirklich nicht oft. Und ich würde ja so gerne, das macht es für mich dann manchmal nicht einfacher. Mir sind auch die Kontakte wichtig. Sehr sogar. Ich habe da auch manchmal Angst, die dadurch zu verlieren.

Ich weiss aber schon, dass das nicht geschehen wird. Bzw die, die meine „Lebensform“ und ihre Folgen nicht mehr ansprechend finden, sind längst weg. Die, die noch da sind, sind da. Ich erlebe da wirklich Unterstützung und Verständnis.
Ich mag ja nicht so gern eingeladen werden, da fühle ich mich einfach schäbig und es ist mir unangenehm. Ich habe dann auch den Anspruch an mich, diesen Gefallen dann auch zurück zu geben, aber das kann ich wirklich nicht.
Aber ich habe zB Freundinnen, die mir zum Geburtstag echt schöne Geschenke machen. Dinge, die ich mir wirklich wünsche oder die ich wirklich benötige, zB einen Gutschein für meinen Friseur. Oder ich habe einen E-Reader geschenkt bekommen, auf dem ich Bücher von der Bibliothek ausleihen kann. Das bedeutet, ich kann wieder mehr lesen und es kostet mich nur ein Jahresabo in der Bibliothek, also fast nichts.
Das sind dann so Dinge, für die ich momentan kein Geld ausgeben würde. Ich muss ja sagen, dass eines der schönsten Geschenke für Geburtstag oder Weihnachten ist, mit mir essen zu gehen. Ich will nicht, dass sie das einfach so tun oder zu oft. Aber als Geschenk nehme ich das unglaublich gern an. Etwas schönes essen, kann auch ein Döner sein, egal, den Abend geniessen…. Ich finde das etwas vom Schönsten. Und ich habe Freundinnen oder auch Bekannte / Verwandte, die schenken mir sowas, manchmal sogar mit Kind. Das ist für mich Erholung, denn das sind gleich zwei Dinge, die ich eher selten geniesse… ein gutes Essen in einem Restaurant (also sich einfach verwöhnen lassen, nicht kochen müssen, nicht abwaschen) und nette Gesellschaft. Ein anderer schöner Gedanke dabei ist, dass sie gerne mit mir etwas unternehmen möchten und das ist doch schön.

Abschliessend möchte ich noch sagen, dass ich mir zwar manchmal Sorgen mache und auch Gedanken, dass ich aber doch zufrieden bin mit meinem Leben. Klar wäre es einfacher mit mehr Geld, aber tja, ist nun halt mal so wie es ist und das ist okay.

Und was ich auch noch sagen möchte, betrifft nun noch das Jammern. Vielleicht könnten wir alle in dieser Beziehung noch ein bisschen toleranter werden und nicht zuuuu schnell von Jammern reden, wenn jemand von seinen Sorgen erzählt. Jammern ist es meiner Meinung nach erst, wenn man aus diesem Thema nicht mehr rauskommt und in diesem Problem-Sumpf versinkt. Ansonsten ist das Erzählen und Teilen und ein Versuch, damit klar zu kommen. Es jemandem erzählen zu können, das hilft manchmal sehr, da muss das Gegenüber gar nicht mal viel machen, nur zuhören und das ist nicht schwierig. Und doch kann damit vielleicht Schlimmeres verhindert werden. Wie oft hört man z.B. nach einem Nervenzusammenbruch oder noch viel schlimmer nach einem Suizid(versuch), er habe ja nie etwas gesagt? Das ist zum Teil vielleicht auch deswegen, weil man nicht als „Jammeri“ (schweizerisch) betitelt werden will. So schlimm muss es ja dann sowieso nicht enden. Aber wenn das Erzählen jemandem Erleichterung verschafft oder die Verzweiflung abwendet, ist das doch super, oder?

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