
Ich lese in einer Alleinerziehenden-Gruppe immer wieder Geschichten, wie man sich ganz, ganz viel streitet. Über wichtige Dinge wie Abmachungen nach der Trennung, über die Finanzen, Obhut, Sorgerecht usw…
Und darüber, dass der Ex-Partner die mitgebrachte Kleidung nicht mehr zurück gibt oder schmutzig. Die neue Freundin des Vaters beklagt sich über die Mutter der Kinder. Abmachungen werden nicht eingehalten. Es wird nicht kommuniziert. Man ist mit den Erziehungsmethoden des Ex-Partners nicht einverstanden. Man streitet sich, weil man die Kinder nicht zum Vater fahren will und dieser sie nicht holen will. Der eine Elternteil weigert sich, die Zahnarztrechnung mitzubezahlen oder fährt mit den Kids zwei Wochen in die Ferien, ohne sich mal zu melden.
Solche Dinge.
Man muss einer Person vertrauen, bei der dies einem vielleicht besonders schwer fällt, je nachdem was alles vorgefallen ist.
Ich weiss, eine Trennung und auch die „Zusammenarbeit“ danach mit dem Ex-Partner / der Ex-Partnerin ist oft eine riesige Herausforderung. Eigentlich möchte man ganz oft nichts mehr miteinander zu tun haben. Es gibt Gründe, aus denen man sich getrennt hat und man ist oft verletzt, wütend und genervt.
Aber man hat mit dieser Person Kinder und so muss man einfach irgendwie auf dieser Elternebene weiterhin miteinander zurecht kommen. Man muss mit dieser Person Abmachungen machen und im Austausch sein, denn er oder sie ist der andere Elternteil der Kinder und deswegen 50% ihrer Wurzeln und wichtig.
Man muss weiterhin zusammen diese Verantwortung tragen. Man ist kein Paar mehr, Eltern ist man aber doch noch. Zusammenarbeit und Kommunikation ist nach der Trennung fast noch wichtiger als zuvor, denn es müssen Absprachen gemacht werden und es ist schon wichtig, dass alles einigermassen gut klappt.
Ich verstehe es.
Was ich nicht verstehe ist, wie erwachsene Menschen sich nicht darüber bewusst sind, dass der andere Elternteil genau so wichtig ist wie man selbst. Und ich verstehe nicht, wie man sich so unerwachsen verhalten kann.
Ich weiss auch, dass man nicht alles selber in der Hand hat. Man ist nur 50% dieser Sache. Der andere Elternteil ist vermutlich genau so verletzt, wütend und genervt.
Es ist nicht einfach, fair zu sein. Es ist nicht einfach, bei den Kindern nicht über den Papa oder über die Mama zu schimpfen. Und doch ist es wichtig, denn der Konflikt ist auf der Erwachsenenebene.
Und weil man nach der Trennung meistens nicht mehr zusammen lebt, kommen wirklich so einige Herausforderungen auf beide zu. Finanziell, zeitlich usw. Und auch die Situation, dass beide die Kinder nicht mehr 100% bei sich haben können. Oft ist es ja noch so, dass sie beim einen Elternteil etwas mehr sind als beim andern. Also zB bei der Mama den Wohnsitz haben und jedes zweite WE zum Papa gehen.
Auch diese Wechsel sind schwierig für alle, aus verschiedenen Gründen.
Jedenfalls liest man immer wieder, dass man sich sehr aufregt, dass viel gestritten wird und das nicht selten jahrelang vor Gericht.
Es geht um viel mehr als nur um Geld oder Abmachungen, denn dann würde man es ja kaum für Gerichtskosten ausgeben und die sonst schon spärliche Energie bis zur Zermürbung dafür aufwenden. Es geht sehr oft um Genugtuung, um Rache und darum, die zugefügten Verletzungen zu verarzten.
Damit, dass man einander neue zufügt?
Das ist das eine Thema.
Das andere ist folgendes:
Ich bin auch noch in andern Facebook-Gruppen, unter anderen in Gruppen von Sternentaler. Vielleicht kennt ihr es. Wenn nicht, schaut doch mal rein. Es sind Gruppen von und für sogenannte Sturmfamilien. Es sind unter anderem Familien, die zB chronisch kranke Kinder, zB Krebs oder Kinder mit Beeinträchtigungen haben. Familien, die schwere Situationen zu meistern haben. Oft nicht begrenzte Situationen, sondern anhaltende.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich als Alleinerziehende mit einem autistischen Kind einen besonders schweren Weg habe und sehe dann aber wieder Geschichten von Familien, die so unendlich traurig sind, die es mir bewusst machen, dass es bei uns sicher nicht immer einfach ist, aber dass es in Ordnung ist so wie es ist.
Ich bin mit diesen Familien seit fast einem Jahr vernetzt, also noch nicht soooo lange. In diesem Jahr sind zwei Kinder gestorben.
Mich berührt es sehr, wenn in dieser Gruppe Mütter von ihren Familien schreiben. Von den Themen und Situationen, die sie meistern müssen. Wenn ein Kind zum xten Mal im Spital ist, wenn man nie weiss, wie lange es noch leben darf, wenn so viel gelitten wird, so viel Angst und Trauer manchmal. Aber auch so viel Zuversicht und dieses einander auffangen und die Wertschätzung untereinander.
Und dann lese und höre ich in andern Gruppen, dass gestritten wird über Kleinigkeiten. Wie man sich ärgert über Dinge und sich damit das Leben selber schwer macht. Wie man in der Wut und in den negativen Gefühlen stecken bleibt, statt wohlwollend aufeinander zuzugehen und nach Lösungen zu suchen, die für beide stimmen.
Das, was gut läuft, wird in all dem manchmal so schnell vergessen und geht unter. Und ich weiss, manchmal läuft nicht so viel gut. Aber wenn alle noch leben und gesund oder einigermassen gesund sind, ist das doch schon mal viel mehr als andere haben.
Den Ex-Partner / die Ex-Partnerin hat man ja bestenfalls mal geliebt . Das Ziel ist es, alles dafür zu tun, dass er / sie und die Kinder eine gute Beziehung zueinander haben können. Wirklich. Das ist wichtig und es ist total unterstützenswert. Und nicht nur das. Es ist sogar die Verantwortung beider Eltern, denn die Kinder können dies noch nicht selber tun.
Ich habe viele Jahre mit Kindern gearbeitet und dort erlebt, was ein fehlender Elternteil in der Psyche eines Menschen bewirken kann und das hört nicht auf, wenn dieser Mensch erwachsen wird. Das zieht sich das ganze Leben durch.
Mir hat es in solchen Situationen immer geholfen und auch heute noch, wenn ich mir überlege wie es wäre, wenn es umgekehrt wäre.
Wie wäre es für mich, wenn meine Tochter beim Papa wohnen würde und nicht mehr zu mir kommen wollte und er würde sich nicht dafür einsetzen, dass wir Kontakt haben können?
Wie wäre es, wenn er nicht wollen würde, dass das Kind und ich Kontakt haben?
Wie wäre es, wenn er bei ihr schlechte Dinge über mich erzählen würde?
Wie würde ich mich fühlen, wenn ich im Krankenhaus läge und er mich nicht mit unserer Tochter besuchen würde bzw Besuche ermöglichen würde?
Wie wäre es für mich, meine Tochter nur alle zwei Wochen zu sehen? Und wie wäre es, wenn ich sie zwischen den Besuchs-Wochenenden mal sehen wollen würde und er würde es verbieten?
Und wie würde das Kind sich fühlen?
Als Eltern muss man sich einfach bewusst sein, dass es da nicht um uns geht, sondern um die Kinder.
Es ist aber durchaus auch in meinem Interesse, dass das Kind eine gute Beziehung zu ihrem Papa hat, denn es ist mir wichtig, dass es ihr gut geht und deswegen ist es mir auch wichtig, dass es ihm gut geht. Denn auch er ist ihre Familie.
Macht das einfach gut. So gut, wie möglich.
Egal, ob ihr getrennt oder noch zusammen seid.


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