
Ich arbeite mit Menschen mit einer geistigen oder zum Teil auch psychischen Beeinträchtigung. Das heisst, es ist mein Job, sie im Alltag bei allerlei Dingen, bei denen sie Unterstützung brauchen, zu begleiten. In ganz vielen Dingen unterstütze ich sie, mache sie mit ihnen und leite sie an. Einige Dinge nehme ich ihnen ab. Wiederum andere Dinge übe ich mit ihnen und befähige sie somit, ihr Potential auszuschöpfen und möglichst selbstbestimmt zu leben. Ich fördere sie dort wo sie es sich wünschen und wo ich Möglichkeiten sehe und schütze sie dort, wo sie es selbst nicht so gut können.
Das ist ein schöner Beruf.
Ich habe eine kleine Veranstaltung für diese Menschen organisiert und diese letzte Woche durchgeführt.
Es haben etwa 50 Menschen aus der Institution, bei der ich angestellt bin, teilgenommen plus ein paar Betreuungspersonen. Ich hatte drei Frauen an meiner Seite, die mega gute Ideen hatten und mit mir zusammen das Ganze geplant und umgesetzt haben.
Hätte ich so etwas in dieser Grösse vor oder mit andern Menschen machen „müssen“, wäre ich ganz sicher wahnsinnig nervös und angespannt gewesen. Nur schon die Tatsache, vorne zu stehen und 50 Augenpaare schauen mich an und warten darauf, was jetzt kommt. Eigentlich überhaupt nicht mein Ding, wenn ich ehrlich bin.
Das war die erste überraschende Erkenntnis. Ich war null nervös und habe mich auch nicht mal gross darauf vorbereitet, was ich erzählen werde. Mir war es vor allem wichtig, nicht zu viel zu erzählen. Kurze Aussagen und in einer einfachen Sprache. Ich kannte ja den Ablauf sehr gut und fühlte mich sicher. Vor allem aber fühlte ich mich sicher mit all diesen Menschen und diese Erfahrung finde ich wunderbar. Vor den Menschen, mit denen ich arbeite, muss ich nicht Angst haben, etwas falsch zu machen. Ich brauche nicht nervös zu sein. Einfach, weil sie so wohlwollend und unkompliziert sind. Weil sie sich nicht darauf konzentrieren, was ich eventuell falsch sage oder anders hätte sagen können. Ich glaube, das ist ihnen schlichtweg total egal.
Jedenfalls hatte ich den Eindruck, sie waren interessiert und freuten sich über das Programm und darum ging es schlussendlich ja.
Ich fand diesen Abend sehr schön.
Ich glaube, vor allem die Tatsache, ohne Nervosität dort stehen zu können und das zu machen, was ich gern mache, das war sooo eine schöne Erfahrung. Und ich freue mich schon jetzt total auf das nächste Mal.
Jedenfalls möchte ich euch sagen, habt keine Angst oder Hemmungen, euch mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu beschäftigen. Es macht nichts, wenn ihr nicht immer versteht was sie sagen wollen oder was sie brauchen. Es macht auch nichts, wenn ihr euch manchmal überfordert fühlt aufgrund von Verhaltensweisen, die euch ein bisschen oder ziemlich fremd sind oder eben Dingen, die ihr nicht so versteht. Es macht auch nichts, wenn ihr nicht genau wisst, was ihr gerade tun oder sagen sollt. Sie helfen euch dabei. Und auch offen und interessiert sein hilft euch dabei.
Ich verspreche euch, da warten für beide Seiten bereichernde Momente auf euch.
Weil ich mir für alle Menschen noch viel mehr solche Momente wünsche, wünsche ich mir auch noch viel mehr Inklusion.
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