Ich schreibe immer wieder übers Alleinerziehend-Sein. Das mag vielleicht für viele von euch uninteressant sein und doch ist es ein Thema, das mich sehr beschäftigt, denn es ist mein Leben.
Ich kann immer wieder denken und sagen, dass ich nicht alleinerziehend sein will, es nie sein wollte, aber es nützt ja nichts. Ich bin es trotzdem und ich werde es für immer sein. Wir kommen gut zurecht, keine Frage. Finanziell ist es nicht einfach, muss ich zugeben und auch sonst nicht immer. Man redet ja nicht unbedingt darüber, es ist unangenehm, peinlich. Ich versuche, dazu zu stehen. Und ich weiss, dass es mir besser geht als vielen andern. Ich bin weder unglücklich noch unzufrieden. Und doch nicht ganz so wie ich es gerne hätte. Vielleicht braucht es einfach Zeit, sich damit abzufinden, wenn das Leben einen total anderen Verlauf nimmt als wie man es sich gewünscht, vorgestellt und halt auch geplant hat. Es ist, als hätte man jahrelang ein ganz grosses Kartenhaus gebaut und nach 14 Jahren kippt eine der untersten Karten um und alles ist am Arsch. Was macht man da? Fängt man wieder an zu bauen oder räumt man einfach mal auf und bleibt einfach auf dem Boden, ohne zu bauen? Oder fehlen einem sogar die Mittel zum neu Aufbauen?
Ich finde, dass ich das Beste aus der Situation mache. Ich jammere auch nicht. Manchmal vielleicht schon, aber bestimmt nicht mehr als alle andern auch. Normal halt.
Es fühlt sich einfach so an, als sei ich immer noch auf dem Weg. Noch nicht angekommen. Man wird es sehen… Vielleicht wird es noch besser, ich weiss es nicht. Vielleicht bleibt auch alles so wie es ist, was ja auch nicht das allerschlimmste wäre.
Ich lese ja manchmal von andern Alleinerziehenden, z.B. bei Facebook oder so. In vielen Blog-Beiträgen oder Posts erkenne ich mich oder Teile von mir wieder oder kann sie zumindest gut nachvollziehen. Ich mag es ja zu lesen, dass ich nicht die einzige bin, die das Alleinerziehend-Sein so erlebt, wie ich es erlebe. Dass es eine grosse Bürde ist, die ganze Verantwortung mehr oder weniger ganz allein zu tragen. Dass man oft auch am Limit läuft, wenn alles nach Plan und gut läuft. Und dass mit Kindern nicht immer alles nach Plan läuft… Kinder werden krank, was sie auch dürfen. Aber ich muss sagen, das bringt mich immer wieder an den Rand der Verzweiflung. Ich kann dann manchmal gar nicht oder erst mit grosser Verspätung zur Arbeit fahren.
Meine Arbeit reklamiert nicht. Nie. Sie verstehen das. Und trotzdem hasse ich es. Es stresst mich. Denn ich will meinen Job gut machen. Und das mache ich auch tatsächlich.
Das ist so eine Situation, in der ich viel zu viele Dinge unter einen viel zu kleinen Hut bringen muss.
Ich schaffe das, keine Frage. Meistens halt auf meine Kosten. Ich bin müde. Eigentlich immer. Manchmal fühle ich mich so unter Druck, dass ich sehr schlecht schlafe, obwohl ich super-erschöpft bin. Abschalten und entspannen scheint mir sowieso seit der Trennung eher etwas unmögliches zu sein. Wie soll man abschalten, wenn man die einzige zuständige Person ist? Muss ich noch lernen irgendwie….
Es gibt auch Leute, die finden dass es Vorteile hat, alleinerziehend zu sein. Ich sehe das irgendwie gar nicht so. Alleinerziehend ist meiner Meinung nach nur entspannt und easy, wenn man ein Umfeld hat, das da ist. Jemand, dem man die Kinder geben kann oder der kommt, wenn man selbst mal krank ist. Der da ist, wenn ein Kind krank ist. Wenn man keine finanziellen Sorgen hat. Wenn man eine Familie hat, in der man gut aufgehoben ist für all die Dinge, die ich jetzt gerade aufgezählt habe und auch für den Austausch, für Rat und Tat. Ich glaube, dann geht das schon. Die Realität sieht wohl aber in den meisten Fällen anders aus.
Ich glaube auch, dass man das Kind nicht vergessen soll. Bei einer Trennung / Scheidung hat das Kind einiges erlebt. Vielleicht viel Streit oder zumindest Disharmonie. Unglückliche Eltern oder zumindest ein Elternteil vermutlich. Eventuell ein Elternteil, der ging und einer, der verlassen wurde. Vielleicht bereits neue Partner, die man kennen lernen soll. Die Angst, den Papi oder das Mami zu verlieren. Die Tatsache, dass die Familie nicht mehr so existiert, wie sie war und wie man es sind wünscht. Ein Umzug, neues Zuhause, neue Nachbarn. Viel, viel Unsicherheit. Viel, viel Neues. Ein Elternteil, das vielleicht wahnsinnig traurig ist, viel weint oder dem es psychisch nicht gut geht usw. Und nach der Trennung pendelt sich im Idealfall alles ein und dennoch verlangt es einiges vom Kind ab. Vielleicht vermissen. Vielleicht verschiedene Wohnungen, ein Zuhause und ein halbes. Hin und her. Übergänge.
Ich glaube, solche Kinder brauchen für eine ganze Weile ganz viel Sicherheit und Eltern, die trotz Trennung sehr präsent sind, sehr für die Kinder da sind. Kinder reagieren. Jedes auf seine Art und Weise. Vielleicht mit Unkonzentriertheit, vielleicht mit Aggression, vielleicht mit Wut oder mit Trauer. Vielleicht mit Ängsten und da gibt es verschiedene, z.B. Verlustängste. Ich habe das bei meinem Kind während der Trennungszeit für einige Monate sehr stark erlebt. In dieser Zeit fanden ja viele, unter anderem auch die Schule inkl. Schulsozialarbeiterin, dass Verlustängste bei der Trennung der Eltern überhaupt nicht nachvollziehbar seien. Für mich war DIES nicht nachvollziehbar und die Reaktion des Kindes hingegen total. Ich habe es immer verstanden und ich habe es mit dem Kind einfach überstanden. Ich schreibe „einfach“, es war aber nicht einfach. Es war schrecklich. Vermutlich die schlimmste Zeit meines Lebens, um ehrlich zu sein. Ich fühlte mich furchtbar. Furchtbar, weil das Kind in dieser Situation war. Weil es solche Ängste haben muss. Weil ich sie ihm nicht abnehmen konnte. Aber ich wusste, dass es dann schon wieder geht. Aber wann? Und wie? Furchtbar, weil ich selbst in dieser Zeit so viel weinte. Und ich hatte Angst. Sehr viel Angst. Weil die Schule es total nicht nachvollziehbar fand, dass jemandem eine Trennung den Boden unter den Füssen wegreissen kann und dass auch ein Kind in dieser Situation Mühe hat. Ich wurde sehr unprofessionell behandelt.
Das war für mich eine schlimme Erfahrung. Ich arbeite selbst seit Jahren als Sozialpädagogin und ich kann das beurteilen. Ich weiss, wie man professionell mit Menschen umgeht. Besonders auch mit Menschen in Krisen und ich fand es schockierend, wie Leute in sozialen Berufen zum Teil mit sowas umgehen. Das ist dann aber ein anderes Thema, worüber ich ein anderes Mal schreiben kann.
Ich glaube, als alleinerziehende Mutter muss man damit leben, dass einem viel auf die Finger geschaut wird. Im Gegensatz zu Vätern. Ein Vater gilt doch allgemein schnell mal als super Vater, wenn er sich zwischendurch mal auf dem Fahrrad oder beim Spaziergang mit dem Kind im Dorf blicken lässt. Väter werden schnell mal gelobt, wie gut sie das machen. Von Leuten, die ja eigentlich gar nicht wissen, wie es hinter den Kulissen aussieht. Als Mutter bekommt man da kein Lob. Da wird man kritisiert, wenn man jeden Montag das Kind mit dem Auto in die Schule fährt, weil man danach sofort losrasen muss, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. Da wird man kritisiert, wenn man das Kind während der Zeit der Verlustängste täglich in die Schule begleitet. „Du musst“-Sätze, die man kaum noch hören mag. Oder „ICH würde“-Sätze… zum Kotzen.
Die Frau, die ich in dieser Zeit ein paar Mal aufgesucht habe für ein Coaching, hat mir mal gesagt, ich könne darauf zB. mit „Ja gäll, DU wüsstest in dieser Situation ganz genau, was richtig wäre und es genau so machen.“ antworten. Das hat gut gewirkt. Und ich muss sagen, ich wünsche einigen Menschen, dass sie entsprechende Erfahrungen machen und verstehen dürfen.
Zurück zum Lob. Als Mutter wird man ja eher nicht gelobt. Da wird dann eher danach gesucht, was man falsch macht. Hat man schon jemals zu einem Vater gesagt, „du musst halt mal loslassen, dann hat das Kind kein Heimweh mehr“ und solche Dinge? Nie, oder?
Ich habe das Gefühl, wenn ein Vater alleinerziehend ist, bekommen die Frauen im Umfeld das Helfersyndrom „omg, der arme Mann“ und bieten Hilfe an. Wenn eine Frau alleinerziehend ist, macht sie es allein, ist ja normal. Da denkt keiner „omg“. Ist doch so, oder?
Ich finde es nicht schön, alleinerziehend zu sein. Ganz ehrlich. Das einzig gute daran ist, dass man nicht mehr in einer unglücklichen Beziehung ist. DAS ist gut. Richtig gut. Man muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Man kann aber auch auf niemanden Rücksicht nehmen, weil da ja niemand ist. Ich bin froh, Single zu sein, auch wenn mir das auch nach fast zwei Jahren immer noch ungewohnt vorkommt. Wenn man heiratet, rechnet man irgendwie nicht damit, irgendwann wieder Single zu sein. Ich glaube auch, dass ich für eine sehr lange Zeit oder für immer Single bleiben werde, denn das Beziehungs- bzw. das Eheleben war jetzt nicht wirklich meine beste Erfahrung. Ich finde, dass das okay ist so. Obwohl ich ja immer wieder darauf angesprochen werde, ob „mir jemand den Hof macht“ oder ob ich jemanden kennen gelernt habe. Und wie und wo bitte sehr? Ich bin beim arbeiten oder zuhause. Zum Ausgehen fehlt mir Geld und Zeit und Energie und auch die Lust irgendwie. Ich bin eine selbstbewusste Frau. Aber dieses entsorgt werden von seinem Ehemann, das tut dem Selbstbewusstsein wohl nicht sooooooo gut. Ich interessiere mich nicht besonders für Männer im Moment und Männer finden mich glaub Scheisse.
Ich habe einfach mal drauflos geschrieben und es ist vermutlich ziemlich persönlich. Einfach Klartext. Das ist okay. Ich stehe dazu und ich stehe zu mir. Ich finde auch, dass es gut läuft. Und zwar dank mir. Genau.
Ich fordere jetzt mit diesem Text nicht Lob und Schmeicheleien, nein. Aber vielleicht einfach ein bisschen Wohlwollen.
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