Die Wahrnehmung und ihre Störungen


Heute gehts hier um die Wahrnehmung. Ich mache mir schon eine Weile Gedanken darüber, animiert von den Menschen, mit denen ich mich in meinem Job beschäftige, aber auch von andern Erlebnissen und Beobachtungen.

Die Wahrnehmung beschreibt das Resultat der menschlichen Informationsgewinnung über die Sinne, die uns dazu zur Verfügung stehen. Wir sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen. In unserem Gehirn fügen sich diese verschiedenen Eindrücke – und das ist sehr vereinfacht dargestellt – zu einem Bild. Und das Resultat ist unsere Wahrnehmung über irgendwas oder irgendwen.
Wahrnehmung ist subjektiv, d.h. sie kann von Mensch zu Mensch abweichen, sie ist sogar beim selben Menschen nicht immer dieselbe. Wenn eine der oben genannten Informationsquellen – also unsere Sinne – aus irgendeinem Grund anders funktioniert, krank oder eingeschränkt ist oder sogar wegfällt, ist es möglich, dass wir etwas anders wahrnehmen als andere.

Wir merken dies manchmal. Also wenn wir z.B. stark erkältet sind, hören wir nicht mehr gut, weil die die Hals-Nasen-Gehörgänge unter Umständen verstopft sind. Das betrifft dann die Akustik. Es gibt aber noch andere Faktoren, etwas anders zu hören als vielleicht im Normalfall oder als es allenfalls jemand anders tut. Wir tun das, wenn Gefühle mitspielen, sie können gehörte Fakten verändern, zum positiven sowie zum negativen und möglicherweise den gemeinten Sinn verändern. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von den „vier Ohren“ von Schulz von Thun. Wer in seinem Leben irgendwas mit Kommunikation zu tun hat, hat bestimmt davon gehört.

Soll ich ein Beispiel machen? Also gut:

Die vier Ohren bedeuten, dass wir auf vier Ebenen hören können bzw. das Gehörte auf vier Ebenen interpretieren können und zwar sind das folgende:

  1. Die Sachebene
  2. Die Selbstkundgabe
  3. Die Beziehungsebene
  4. Die Apellebene

Übersetzt könnte dies so aussehen: Ich habe zum Beispiel Besuch und:

  1. Ich sage: Es ist schon spät.
  2. Was ich damit sagen möchte: Ich bin müde.
  3. Was man auf der Beziehungsebene verstehen könnte: Mein Tag war anstrengender als eurer.
  4. Mein Appell wäre z.B.: Geht endlich nach Hause!

Wie wir Dinge hören bzw. mit welchem dieser vier Ohren, bestimmt meines Erachtens zu einem grossen Teil unsere momentane Befindlichkeit und wohl auch unsere Beziehung zum Gesprächspartner.

Unsere Sinne beinhalten schlussendlich ja nicht nur das Sehen oder das Hören. Bzw. nicht nur die Augen oder die Ohren, da spielen mehrere Faktoren mit. Einfach erklärt funktioniert das Sehen folgendermassen:

Wenn wir z.B. einen Baum betrachten, treffen die von diesem Baum reflektierten Lichtstrahlen auf unser Hornhaut. Diese bündelt das Licht, das dann auf die Regenbogenhaut (auch Iris genannt) trifft. Die Iris ist sozusagen die Kamerablende unseres Auges. Bei Dunkelheit vergrössert sich die Pupille, das ist die Öffnung der Iris, und bei grosser Helligkeit wird sie kleiner. Die dahinterliegende Linse bündelt das Licht weiter und reguliert die Nah- und Fernsicht. Dann gelangt das Lichtbündel auf die Netzhaut.
Die dort sitzenden weit über 100 Millionen Sehzellen verwandeln das Licht in Nervenimpulse um, die vom Sehnerv ins Gehirn geleitet werden, wo dann schlussendlich das Bild dieses Baumes entsteht.

Funktioniert irgendetwas in diesem Ablauf nicht 100%, verändert sich das Bild des Baumes gegebenenfalls. Oder wir sehen gar nichts.

Manche Störungen der Sinnesorgane lassen sich durch Hilfsmittel kompensieren. Zum Beispiel mit Brillen oder Hörgeräten, beide sind weit verbreitet.

 

Ich erlebe meine Wahrnehmung als einen meiner wichtigsten Kompasse, der mir hilft, mich zu orientieren. Nicht nur räumlich, sondern auch seelisch. Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine. Für mich hat das auch etwas mit dem gesunden Menschenverstand zu tun. Ich kann mich auf meine Wahrnehmung verlassen. Im grossen und ganzen höre ich die Dinge so wie sie sind, sehe sie so wie sie sind. Das hilft mir, Menschen und Situationen richtig einzuschätzen oder zumindest nicht grundfalsch. Und dies hilft mir, mich sicher durchs Leben und die Welt zu bewegen. Ich weiss was ich sehe und ich weiss was ich höre, was ich fühle.
Das bedeutet eigentlich nur, dass es ungefähr der Norm entspricht, wie ich Dinge wahrnehme. Normal oder einfach das, was wir unter normal verstehen.

Ich finde, das ist ein interessantes Thema. Ich weiss z.B. nicht, ob ich das Blau des Himmels genau gleich sehe wie andere Menschen. Das gilt für alle Farben. Wir wissen, dass es zB verschiedene Arten von Farbenblindheit gibt und wir wissen auch, dass diese Menschen Farben zum Teil nicht bzw. anders sehen. Aber ob wir andern Menschen Farben genau gleich sehen, das wissen wir ja auch nicht mit Sicherheit.
Bestimmt ist es euch auch schon passiert, dass ihr von z.B. hellgrünen Servietten redet und eine andere Person diese als gelb bezeichnet. Sind das nun einfach Definitionsunterschiede oder nehmen wir die Farbe anders wahr? Sieht Grün für jeden genau so aus, wie ich es sehe?
Ich weiss nicht, ob es darüber Erklärungen und Theorien gibt, aber vermutlich ja schon. Es gibt ja nichts, was es nicht gibt heutzutage, ne?

Mich interessieren ja auch immer die Abweichungen und warum es diese gibt, so also bei diesem Thema die sogenannten Wahrnehmungsstörungen.
Ich muss sagen, ich finde eine Störung in diesem Bereich – und es kommt natürlich schon auch darauf an, was es genau betrifft – etwas sehr Einschränkendes und sehr Verunsicherndes. Es bedeutet nicht „nur“, z.B. blind zu sein oder eine schlechte Sicht zu haben, sondern die Dinge wirklich ganz anders zu sehen, zu hören oder zu fühlen. Ich spreche da jetzt zB auch von psychischen Erkrankungen, z.B. Dinge sehen die gar nicht da sind. Oder auch Dinge hören, die niemand anders hört. Stimmen, die nur im eigenen Kopf sind, die – wie ich von Betroffenen aber oft vernommen habe – sich nicht unterscheiden von andern Stimmen bzw. dass der betroffene Mensch nicht unterscheiden kann, ob die Stimme „echt“ ist oder nicht.
Ich weiss auch gar nicht genau, ob dies dann eine Wahrnehmungsstörung ist, ich müsste dies wieder mal nachlesen. Oft ist dies dann halt wohl ein Symptom einer anderen Erkrankungen. Wie wir wissen, können solche Wahrnehmungen z.B. bei verschiedenen psychischen Erkrankungen auftreten, z.B. bei Psychosen oder bei Schizophrenie. Aber bestimmt auch bei gewissen Hirnerkrankungen, z.B. bei Tumoren.

Ich habe gelesen, dass es verschiedene Arten von Wahrnehmungsstörungen gibt:
Modalitätsspezifische, Intermodale und Seriale.

 Das ist jetzt schon ein bitzeli komplizierter…

Bei der Modalitätsspezifischen Wahrnehmungsstörung ist nur die Verarbeitung einer Art von Sinnesreizen gestört, zB auditiv, visuell, taktil, kinästhetisch oder olfaktorisch. Es ist möglich, dass in einem Bereich der Reiz mit dem vorhandenen Wissen nicht verbunden werden kann. Man sieht zB eine Rose und kann diese aber nicht als Rose identifizieren. Oder man kann ähnliche Reize nicht unterscheiden. Ähnlich klingende Laute, ähnlich aussehende Zahlen oder Buchstaben. Ich denke, dazu gehört auch die Gesichtsblindheit. Dieser Mensch sieht Gesichter, kann sie aber nicht verarbeiten. Es ist ihm unmöglich, einen anderen Menschen anhand seines Gesichtes zu erkennen oder Menschen aufgrund dessen zu unterscheiden, das was ja für uns DAS wichtige Erkennungsmerkmal ist.

  • Eine Intermodale Wahrnehmungsstörung liegt vor, wenn Reize verschiedener Sinnesorgane nicht miteinander in Verbindung gebracht werden können, zum Beispiel beim Fernsehen das Bild und der Ton. Oder dass eine Person nicht einen gehörten Text gleichzeitig schreiben kann (Diktat). Und dass der Duft dem Kuchen im Ofen nicht zugeordnet werden kann.
  • Bei der Serialen Wahrnehmungsstörung können Sinnesreize in keine sinnvolle Reihenfolge gebracht werden. So ist es für diese Personen sehr schwierig oder ohne Hilfsmittel unmöglich, sich zB beim Kochen verschiedene Arbeitsschritte zu merken. Oder die Reihenfolge beim Anziehen der Kleidungsstücke.
  • Wahrnehmungsstörungen beeinträchtigen das Leben von Betroffenen immens, wie du dir bestimmt vorstellen kannst. Nicht nur die Störung an sich, sondern auch ihre Folgen und das nicht nur im sozialen Bereich. Andere Menschen nehmen Betroffene wohl oft als eigenartig oder auch unangepasst wahr. Unter Umständen ist das Lernen zB in der Schule oder eines Berufes sehr problematisch bzw erschwert.
  • Das ist alles nur ein Bruchteil von einem richtig grossen Thema. Mich interessiert das alles wahnsinnig und ich finde, wir sollten alle viel mehr über solche Dinge wissen, um andere Menschen nicht so schnell schräg oder komisch zu finden.
  • Ach, es gibt noch soooo vieles….. Die Ideen gehen mir noch nicht aus.
  • 4 Antworten zu „Die Wahrnehmung und ihre Störungen”.

    1. Habe versucht ähnlich Schlussfolgerungen zu ziehen….

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    2. Herr von Thun nähme das als schöne Auslegung wahr🙃

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    3. Hochinteressiert wahrgenommen

      Danke für’s Teilen!

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