Grenzen. Besser als ihr Ruf.


Ein Thema, von dem man (bzw ich) momentan wahnsinnig viel hört, ist ACHTSAMKEIT. Sorge tragen zu sich selbst, aber auch zu seinem Umfeld und zur Umwelt. So verstehe ich das. In erster Linie geht es wohl aber darum, sich selbst gut zu tun bzw sich so zu verhalten, so zu leben, dass es einem gut geht. Etwas, was für mich unbedingt zum Thema Achtsamkeit gehört, sind Grenzen. Und wenn es um mich selbst geht, geht es wohl darum, meine Grenzen zu erkennen, zu kennen, zu akzeptieren und diese dann auch zu setzen und wenn notwendig zu verteidigen.

Schwierig.
Ich glaube, viele Menschen finden es schwierig, ihre Grenzen überhaupt zu erkennen. Zu wissen, wie weit sie selbst gehen können und wie nah andere kommen dürfen. Und ohne das erste funktioniert das zweite und alles weitere ebenfalls nicht.
Ich glaube auch, dass eigentlich unsere Gesellschaft schlecht darin ist, Grenzen zu akzeptieren. Meiner Meinung nach wird zuviel gewertet und schnell mal von schwach oder stark gesprochen. Und wer seine eigenen Grenzen nicht sieht, sieht auch die Grenzen anderer nicht. Grenzüberschreitungen nennt man das. Es gibt grosse und kleine.
Wir sprechen von Komfortzone und die wird nicht unbedingt als positiv gewertet. Sich darin zu verweilen, wird als faul gewertet, als nichts erleben, nichts erreichen.
Ich persönlich glaube, dass es sehr wichtig ist, sich eine möglichst kuschelige, sichere Komfortzone zu bauen. Eine, in die wir uns zurück ziehen können, wenn wir Schutz oder Ruhe brauchen. Ich glaube aber auch, es ist gut, die Grenzen nicht genau am Rand der Komfortzone zu setzen, sondern ein bisschen weiter aussen. Sowas wie ein Vorgärtchen sozusagen. So dass wir noch ein Stückchen raus können, ohne dass gleich Panik ausbricht. Ich bin auch durchaus dafür, mal eigene Grenzen zu überschreiten und auszuprobieren, wie es sich dort draussen anfühlt. Grenzen sind nämlich veränderbar, sie können verschoben werden. Nach innen sowie nach aussen. Über seine eigenen Grenzen hinaus zu gehen ermöglicht uns neue Erlebnisse und nicht zuletzt auch Entwicklung.

Ich finde aber, dass diese Grenzen, die etwas sehr persönliches sind, nur von uns selbst verschoben werden dürfen. Man darf auch vorsichtig sein. Denn dort wo unsere Grenzen gesetzt sind, sind sie wohl aus guten Grund.
Kein anderer hat das Recht zu denken, unsere Grenzen wären zu eng gesteckt. Doch. Denken, darf das natürlich jeder. Aber keiner hat das Recht, über unsere Grenzen zu treten ohne unsere Einwilligung oder uns hinaus zu stossen. Keiner. Und ehrlich gesagt finde ich, dass wir das sehr oft tun. Unbewusst vermutlich, denn wir gehen von unseren Bedürfnissen und von unseren Gefühlen und Grenzen aus. Manchmal vergessen wir, dass solche Dinge sehr individuell sind. Nicht vergleichbar, komplex und richtig, so wie sie sind. Auch wenn wir manchmal das Gefühl haben, dass jemand sich selbst im Weg steht, sich ganz viel verbaut. Aber er ist soweit, wenn er soweit ist. Und falls er soweit ist.

Wenn man dann also seine Grenzen kennt und auch akzeptiert, dann kommt der nächste Schritt. Und zwar dass man sie setzt und schützt. Ich persönlich finde das den schwierigsten Teil der ganzen Sache.
Warum?
Dort wo ich eine Grenze setze, schränke ich jemand anderen ein. Ich sage sozusagen „Stopp, nicht weiter“. Ich glaube, damit stösst man andere auch gern mal vor den Kopf. Sie fühlen sich verletzt oder unfreundlich behandelt. Nehmen unsere Reaktion, unser Stopp persönlich, obwohl es gar nicht um sie, sondern um uns geht. So ist das.
Und dann? Was macht man da? Verärgert man Menschen, die einem eigentlich nicht unwichtig wären oder tut etwas, bei dem wir uns unwohl fühlen? Ich weiss, die Antwort ist, zu unseren Grenzen zu stehen. Aber das ist gar nicht mal so einfach, denn mit den Konsequenzen lebt man danach ja dann auch…
Und umgekehrt ist es ja genau so. Andere setzen ihre Grenzen und es ist auch schon vorgekommen, dass ich mich im Moment verletzt, zurückgestossen und blöd behandelt gefühlt habe. Es schadet also nicht, in solchen Situationen einen Schritt zurück zu machen, um sich zu hinterfragen und alles mit ein bisschen Abstand zu betrachten. Denn möglicherweise ist es nicht gegen uns gerichtet, sondern es ist einfach eine Grenze…

Und schlussendlich hat auch das etwas mit Akzeptanz, Toleranz und Verständnis zu tun. Mit Empathie. Wie alles im Leben irgendwie.

 

 

4 Antworten zu „Grenzen. Besser als ihr Ruf.”.

  1. Hat dies auf Regenbogen und Freudentränen rebloggt und kommentierte:
    Zur Zeit sind Grenzen genau mein Thema. Wie schütze ich meine eigenen Grenzen und wie gelingt es mir, die Grenzen der anderen zu respektieren? Und warum tut genau das manchmal so weh? Dieser Beitrag erweitert mein Verständnis. Danke, dass ich ihn in den Regenbogen holen durfte!

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  2. Ja, natürlich! Ich freue mich, wenn du das tust. Danke!

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  3. Wenn ich etwas zu verarbeiten habe, schließe ich meine Grenzen. Ich ziehe mich zurück und wenn ich genug davon habe, öffne ich sie wieder. Früher hat mich das beunruhigt, weil ich befürchtete, wieder in die Depression zu fallen. Heute gehe ich gelassener damit um und siehe da: keine Depression, keine Angstattacken, sondern neue Lebensfreude! Darf ich Deinen Beitrag auf den Regenbogen rebloggen? Liebe Grüße! Regine

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  4. […] Grenzen. Besser als ihr Ruf. — Weiterlesen puremyself.blog/2019/06/18/grenzen-besser-als-ihr-ruf/ […]

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Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.

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