
Es ist überall ein Thema:
Die Schule.
Personalmangel auch in dieser Branche.
Immer mehr Kinder mit psychischen Erkrankungen und auch andere Diagnosen nehmen zu.
Integratives Schulsystem.
Lehrer, die keine Energie mehr haben und gestresst sind.
Es wird oft von „schwierigen“ Kinder gesprochen. Und in diesem Zusammenhang von Eltern, die die Kinder nicht gut erziehen. Entweder viel zu behütend oder viel zu wenig. Keine Manieren. Zuviele Grenzen oder keine.
Ich finde nicht, dass dies beurteilt werden muss. Ich finde auch nicht, dass Schuldige gesucht werden müssen, sondern lieber Lösungen.
Meine Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern und Eltern in sehr schwierigen Lebenssituationen haben mir gezeigt, dass es schon wirklich wahnsinnig viel braucht, dass Kinder Schaden nehmen. Ich würde behaupten, dass die absolute Mehrheit der Eltern, die wir kennen, total im Rahmen liegen und ihre Kinder weder zu extrem vernachlässigen, noch zu sehr behelikoptern. Schlussendlich kennen Eltern ihre Kinder am Besten, wollen auch ihr Bestes und werden ihr Mögliches tun, um dies zu erreichen. Das muss nicht von andern beurteilt werden.
Ich bin kein Fan davon, Kinder oder auch Menschen allgemein als schwierig zu bezeichnen. Wenn ich jemanden schwierig finde ist das ja eigentlich nichts anderes als MEINE Empfindung, MEINE Wahrnehmung, MEINE Überforderung mit dieser Person. ICH weiss nicht, wie mit ihm:ihr umzugehen und empfinde es als schwierig.
Ausserdem ist es sehr, sehr abwertend.
Wenn ein Kind „schwierig“ ist, dann ist schlicht und einfach von uns ein anderes „auf es eingehen“ gefordert. Und DAS ist dann unsere Herausforderung, heraus zu finden, wie das ist.
In diesem Zusammenhang wird auch oft unser Integratives Schulsystem kritisiert bzw es gibt Menschen, die das abschaffen möchten.
Zum einen möchte ich dazu sagen, dass die Schule da ein bisschen hinterher hinkt. Integration ist gut, aber heute spricht man von Inklusion.
Bevor ich den Unterschied zwischen Integration und Inklusion erkläre, zeige ich einfach folgendes Bild, darauf sieht man das ganz gut:

Bei der Integration werden die betroffenen Menschen zwar in der Gemeinschaft aufgenommen, bleiben aber nach wie vor eher unter sich. Die Gemeinschaft bestimmt und die zu integrierenden sind sozusagen Gäste, die geduldet werden, aber nicht wirklich dazu gehören oder mitbestimmen und mitgestalten dürfen. Bei der Inklusion hingegen gehören alle gleichwertig dazu. Die Gemeinschaft ist bunt durchmischt mit ganz unterschiedlichen Menschen.
Inklusion ist das Ziel und daran arbeiten wir.
Die UNBRK trat vor 10 Jahren in Kraft und ich weiss noch nicht mal, ob alle Menschen diese kennen – UNO Menschenrechtskonvention). Alle Menschen gehören dazu und keiner ist wertvoller als der andere. Jede:r einzelne hat seine Ressourcen und Möglichkeiten, jede:r einzelne hat aber auch seine Schwachstellen. Für diese sogenannten Schwachstellen stehen uns Hilfsmittel zur Verfügung.
Der:die eine benötigt eine Brille, um gut zu sehen. Der:die andere einen Rollstuhl, um mobil zu sein. Jemand anderes braucht für alles etwas länger oder jemanden, der ihr:ihm das alles erklärt und mit ihm:ihr macht. Es gibt Menschen, die nehmen Medikamente, weil sie Bluthochdruck, MS, Depressionen, Diabetes oder sonst etwas haben. Oder Menschen, die aufgrund einer Beeinträchtigung nicht selbständig wohnen können und da Unterstützung benötigen. Oder bei der Arbeit. Blinde Menschen kommen mit einem Blindenstock und / oder Blindenhund gut zurecht. Andere benötigen ein Hörgerät.
Es gibt noch viele Beispiele…
Ziel der UNBRK ist es, dass Menschen nicht auf ihre Beeinträchtigung reduziert werden, sondern als Mensch gesehen werden. Dass Menschen mit der Unterstützung von entsprechenden Hilfsmitteln und das können auch Fachpersonen der Betreuung, Therapie, Gesundheit oder Pflege sein, ihren Möglichkeiten und Ressourcen entsprechend am Leben und in der Gesellschaft teilnehmen können. Sie gehören dazu, genau so wie sie sind. Genau so wie wir alle.
Und so ist das auch in der Schule.
Ich mache die Erfahrung, dass Schulen zwar das Integrative Schulsystem umsetzen müssen, aber die Ressourcen dafür noch nicht haben. Unter Ressourcen verstehe ich zum Beispiel das notwendige Personal. Und zwar gut ausgebildetes Personal. Heilpädagogen:innen oder Sozialpädagogen:innen, die nun statt in Sonderschulen ihren Arbeitsplatz an normalen Schulen finden können. Dafür müssen Gelder gesprochen werden, dafür muss genügend Personal eingestellt werden. Und wenn es von beidem genug hat, dann wird auch dieser Beruf wieder attraktiver, weil er wieder mehr Spass macht und nicht mehr nur einfach Stress und Überforderung ist. Wäre das nicht das Ziel?
Ich denke auch, dass Lehrpersonen einfach in diese Aufgabe geschoben werden, ohne in ihrer Ausbildung darauf vorbereitet worden zu sein. Also müssten Heilpädagogik und Pädagogik überhaupt in der Ausbildung von Lehrpersonen ein massgebendes Thema sein. Ich finde, sie sollten unbedingt lernen, wie lösungsorientiertes Arbeiten geht, um vom defizitorientierten das in unseren Schulen noch so sehr vorherrscht, weg zu kommen.
Ich glaube auch, dass viele in Schulen tätigen Menschen nicht genau wissen, was Integration ist bzw was von ihnen erwartet wird (sie müssen ja integrieren, von Inklusion spricht dort noch keine:r). Wie sollen sie das denn dann umsetzen ohne zu wissen, was es ist? Klar geht das nicht.
So wie es jetzt ist, entstehen grosse Schäden. Bei Lehrpersonen wie auch bei Kindern. Lehrpersonen sind erwachsen, die können sich wehren. Kinder können das nicht. Nur schon, dass sie als „schwierig“ betitelt werden, wird sie, ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstbild ein Leben lang begleiten.
So viele Kinder wie noch nie erkranken psychisch. Das wäre zu einem grossen Teil verhinderbar, würden sie ernst genommen, ANgenommen so wie sie sind und ihren Bedürfnissen entsprechend beschult oder behandelt.
Ich glaube, die Schule muss wirklich für ganz viele Erkrankungen die Verantwortung übernehmen und so ein Kind habe ich auch.
Was ich dazu auch noch sagen will ist, dass Kinder mit speziellen Bedürfnissen und schlecht erzogene Kinder nicht dasselbe sind. Kinder, die sich schlecht benehmen und den Unterricht stören sind das eigentliche Problem und nicht die mit einer Integrativen Sonderschulmassnahme.
„Schlecht erzogene“ Kinder haben keinen Anspruch auf eine solche Massnahme und blieben auch dann in der Klasse, wenn die Kinder mit einer Sonderschulmassnahme in einer Sonderschule müssten, weil man sie nicht mehr will in unseren Schulen. SIE müssten also über die Klippe springen für andere, die überfordernd sind, und das ist nicht richtig.
Im Fall meiner Tochter, die nach Mobbing sehr krank wurde und nicht mehr in die Schule konnte und später dann auch nicht mehr durfte, war es eigentlich genau so. SIE wurde zum Problem gemacht, während die mobbenden Kinder vermutlich bis heute nicht wissen, dass ihr Verhalten nicht okay war. Eltern wurden dementsprechend auch keine informiert. Es gab keine Konsequenzen. Ausser für sie. Sie wäre auch ohne Mobbing Autistin. Aber sie hätte keine Angststörung, die vermutlich ihr gesamtes weiteres Leben beeinflussen wird.
Ich glaube nicht, dass es tatsächlich schwierige Kinder gibt.
Es gibt aber Kinder, denen wir in unserer Gesellschaft überhaupt nicht gerecht werden und wir könnten das ändern.
Ich wünsche mir sehr, dass sich das ändert.


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