Meine Ansichten…


Wie haben sich deine politischen Ansichten im Laufe der Zeit verändert?

Hmmm…. Ich würde sagen, ich bin von einem relativ politisch uninteressierten Menschen zu einer geworden, die interessiert und engagierter ist.
Ich war aber schon immer jemand, die wirklich nie verstanden hat, warum einige Menschen mehr Rechte haben oder sozusagen wichtiger sein sollten als andere. Ich hatte auch nie Berührungsängste bei Menschen, die anders als ich sind, sondern mich hat es halt einfach interessiert.

Politik hat mich angefangen mehr zu interessieren, als ich vor 7,5 Jahren alleinerziehend wurde. Da ist mir das Ungleichgewicht viel stärker aufgefallen und hat mich auch tangiert. Und dann tatsächlich noch viel mehr als Mutter eines autistischen Kindes.
Mir kommen da immer wieder Aussprüche bei zB Abstimmungen usw in den Sinn, die mich in diesem Konzext sehr stören. Also zB „man muss die kleinen Geschäfte im Dorf unterstützen, sonst können die nicht überleben“ oder „unterstütze die Bauern, stimme so ab, dass auch sie überleben können (Tierschutz- oder Umweltschutzthemen zB).
Total nachvollziehbar und ich bin tatsächlich dafür, dass es denen allen auch gut geht. Sie sollen existieren können. (Obwohl ich da einige Themen schon sehr wichtig finde).
ABER ist das vielleicht ein bisschen einseitig? Wenn ICH mich für all die einsetze (und ich muss sagen, ich kann mir zB das Einkaufen im Dorflädeli nur punktuell leisten), wer von denen setzt sich dann auch für mich ein?
Genau.
Keiner.
Denn Alleinerziehende haben keine Lobby so wie die Detaillisten oder die Landwirte. Ist einfach so. Alleinerziehende sind nach wie vor vor allem Frauen. Nicht nur, aber mehrheitlich. Und auch wenn man immer wieder hört, wie benachteiligt Männer bei Scheidungen werden und zB viel bezahlen müssen an die Frauen, dann stimmt das ganz bestimmt auch nur in Einzelfällen. Ausserdem geht es in diesem Diskussionen ja auch meistens ums Geld und nicht darum, warum er nicht mehr Betreuungsarbeit übernehmen darf usw. Das ist sicher besser als noch vor 10 Jahren, aber betreffend Verantwortung übernehmen usw. sicher noch sehr weit weg von einem Gleichgewicht.
Betr. Unterhaltsbeträge möchte ich sagen, dass Väter da manchmal vergessen, dass das Kind ja auch kosten würde, wenn das Ehepaar noch zusammen wäre. Da finde ich es immer ein bisschen schräg ,dass es dann plötzlich offenbar nichts mehr kosten soll, wenn man getrennt ist. Übrigens ist es so, dass in Unterhaltsbeträgen die Kosten der Kinder aufgeteilt werden. Früher gab es noch Unterhaltsbeträge, in der der Aufwand der Mütter (also dass sie die Kinder mehrheitlich betreut und deswegen weniger arbeiten kann) mitgetragen. wurde. Dies ist heute mehrheitlich nicht mehr der Fall. Das bedeutet, dass diese Mütter sehr oft den Job beider Elternteile machen. Also die ganze Kinderbetreuung und was damit zusammenhängt plus versucht, in möglichst wenig Arbeitszeit (weil ja die Kinder erzogen und betreut werden sollen, Termine anstehen, Organisatorisches und der Haushalt gemacht werden muss und nämlich alles möglichst gut, denn besonders bei Alleinerziehenden wird gut hingeschaut… Zynisch, aber irgendwie auch nicht) möglichst viel Geld zu verdienen.

Also. Aber eigentlich ist ja nicht DAS hier gerade Thema und eigentlich irgendwie doch, weil dies. durchaus ein politisches und gesellschaftliches Thema ist.

Ich befasse mich auch in meiner Arbeit natürlich konstant mit diesen Themen. In meinem vergangenen Job mit den UNBRK, also der UNO Menschenrechtskonvention. Das sind die Rechte der Menschen mit Beeinträchtigung.
Im jetztigen Job sind es die Kinderrechte, die die Basis meiner Arbeit sind.
Und es geht nicht darum, um welche Menschengruppe es geht, es sind immer dieselben Rechte, die eigentlich für alle gelten. Die Menschenrechte. Also jeder Mensch hat dieselben Rechte und dazu gehört auch das Recht auf Unterstützung, mit der eine Gleichberechtigung herbeigeführt werden kann bzw eine Chancengleichheit.
Also wenn der Peter zu klein ist, um über den Zaun zu sehen, Anna und Rolf das aber können, dann hat Peter das Recht auf einen Schemel zum draufstehen, damit er auch über den Zaun gucken kann.
Wenn Susanne eine Querschnittlähmung hat und sich mit einem Rollstuhl fortbewegt, hat auch sie das Recht, selbständig in einem Bus einsteigen zu können oder wo auch immer sie ist, ein öffentliches WC besuchen zu können. So wie Elvira, die sich zu Fuss fortbewegen kann.
Elvira aber, die stark kurzsichtig ist trägt eine Brille, so dass sie in der Menschenrechtskonvention auch das Kleingedruckte lesen kann. 🙂
Olaf, der ein ADHS hat und sich im Klassenzimmer so schlecht konzentrieren kann, darf seine Prüfungen separat in einem Gruppenraum machen. So hat er die Chance auf gute Noten, so wie die andern Schüler auch.
Simona hat eine kognitive Beeinträchtigung, interessiert sich aber sehr für das Gemeingeschehen. Sie möchte abstimmen und wählen, versteht die Texte aber nicht so gut und weiss nicht, wie sie abstimmen kann. Es wird ihr sorgfältig erklärt, damit auch sie teilhaben kann.

Das sind Beispiele für Chancengleichheit. Es geht darum nicht um eine Bevorzugung oder ein Vorteil, sondern einfach um die gleichen Chancen zu haben und dafür eine Unterstützung zu bekommen.


Ich komme nochmals auf die UNBRK usw zurück.
Dass da in separaten Papieren speziell auf zB beeinträchtigte Menschen, auf Kinder oder auch auf Frauen oder queere Menschen hingeweisen werden muss, wäre ja eigentlich nicht notwendig. Bzw es ist notwendig, weil diese Personengruppen bei gewissen Rechten und Pflichten ausgeklammert wurden, aus welchen Gründen immer.

Und weil das über Jahrzehnte (Jahrhunderte) hinweg getan wurde, müssen wir dies nun ausgleichen. Also weil Exklusion betrieben wurde, arbeiten wir nun an der Inklusion, was eigentlich der Normalzustand wäre, nun aber als Fortschritt oder ich glaube, von einen auch als Rückschritt angeschaut wird.
Für mich ist es ein Fortschritt, aber im Wissen, dass Inklusion noch lange nicht erreicht ist.

So. Jetzt muss ich arbeiten gehen und habe keine Zeit mehr zum Weiterschreiben. Aber ich könnte noch lange.
Ich habe auch keine Zeit mehr, das alles nochmals durchzulesen… also verzeiht mir allfällige Typos.

Also ja, Politik interessiert mich und das war vor 10 oder 15 JAhren tatsächlich noch nicht so.

Gut, oder? 🙂

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About Me

Mein Name ist Andrea und ich bin die Frau hinter den Worten und Gedanken in diesem Blog.
Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.