
Dadirri ist ein Wort aus der Sprache der australischen Aborigine, genauer aus der Kultur der Ngan’gikurunggurr- und Ngen’giwumirri-Völker. Es beschreibt etwas, das wir im Deutschen kaum ausdrücken können: eine tiefe, spirituelle Form des Zuhörens. Ein Lauschen, das nicht nur mit den Ohren geschieht, sondern mit dem ganzen Wesen. Eine stille, achtsame Präsenz, die Raum gibt, ohne zu drängen, ohne zu urteilen, ohne sofort antworten zu müssen.
Ich finde dadirri so schön, weil es etwas benennt, das in unserer schnellen Welt oft verloren geht. Dieses ruhige, innere Zurücklehnen. Dieses bewusste Anhalten, bevor man reagiert. Ein Lauschen, das nicht nach Lösungen sucht, sondern erst einmal einfach wahrnimmt, was ist. Dieses Zuhören, um gleich etwas zu antworten, statt sich Zeit zu lassen zum Verstehen.
Dadirri bedeutet: den Atem eines anderen Menschen spüren, die Stimmung hinter seinen Worten hören und in sich selbst so ruhig werden, dass man wirklich aufnehmen kann, was da ist.
Es ist ein Zuhören, das nicht aktiv ist, sondern offen. Ein Zuhören, das nicht reagieren möchte, sondern verstehen. Ein Zuhören, das nicht von sich ausgeht, sondern vom Gegenüber.
Vielleicht braucht es auch genau das heute wieder etwas mehr. Nicht mehr Antworten, sondern mehr Präsenz. Nicht mehr Geschwindigkeit, sondern Tiefe. Nicht mehr Reaktionen, sondern echtes Dasein.
Ich glaube, jeder von uns hat Momente erlebt, in denen er dadirri gebraucht hätte. Nicht jemanden, der Ratschläge verteilt oder sofort Lösungen anbietet, sondern jemanden, der einfach bei einem sitzt und zuhört, ohne Hast, ohne Druck, ohne Ablenkung. Jemand, der sagt: Ich bin hier. Du darfst sein, wie du gerade bist.
Es wäre schön, diese Art des Hörens wieder zu üben. Für andere und auch für uns selbst, denn dadirri ist mehr als ein Wort. Es ist eine Haltung.
Ein innerer Frieden, den man teilt, indem man einfach da ist.


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