
Ganz offensichtlich habe ich die neueren Bücher von Stephen King sehr für mich entdeckt. Vor kurzem habe ich hier bereits über Holly Gibney geschrieben und jetzt bin ich fast am Ende mit dem Buch „Billy Summers“. Billy ist durchaus auch eine sehr spannende Person und noch spannender ist es eigentlich, was er mit einem als Leser:in macht…
Billy Summers ist ein Auftragskiller. Einer, von dem man eigentlich erwarten würde, dass man ihn abstossend findet, brutal, kalt. Doch genau das Gegenteil passiert. Je länger man mit ihm unterwegs ist, desto mehr wächst er einem wirklich total ans Herz. Man ertappt sich dabei, dass man mit ihm hofft, mit ihm bangt und dass man sich wünscht, er möge irgendwie heil herauskommen.
Billy hat einen Ehrenkodex. Er nimmt nur Aufträge an, wenn das Opfer in seinen Augen wirklich böse ist. Das ist schon die erste Irritation, die Stephen King uns als Lesende schenkt. Denn plötzlich ist da ein Killer, der nicht nur blind tötet, sondern überlegt, reflektiert, nachdenkt. Sehr viel nachdenkt.
Man erfährt von seiner Vergangenheit als traumatisierter Soldat, man sieht seine Narben, man spürt seine Sehnsucht nach einem normalen Leben. Billy Summers ist alles andere als eindimensional. Er liest Bücher und ist sehr klug, er hat Humor, er ist sensibel. Und wenn er später Alice begegnet, zeigt er sogar eine sanfte, sehr fürsorgliche Seite, die man kaum erwarten würde.
Gerade darin liegt die Faszination dieser Figur. Stephen King macht es uns nicht einfach, Billy als „den Bösen“ abzutun. Stattdessen zwingt er uns, näher hinzuschauen. Da ist jemand, der Schlimmes tut und doch zutiefst menschlich ist. Jemand, der Fehler hat, der moralisch verstrickt ist, und der gleichzeitig etwas in uns berührt. Es ist ein Spiel mit unseren eigenen Grenzen von Gut und Böse. Vielleicht ist genau das der Grund, warum Billy Summers so sympathisch wirkt. Weil er uns erinnert, dass kein Mensch im Wesen nur schwarz oder weiss ist und dass dieses Beurteilen, Schubladisieren, wozu wir ja so sehr neigen, gar nicht immer so einfach ist. Oder nie. Wir merken dies nur selbst nicht so oft.
Und so bleibt Billy im Gedächtnis. Nicht nur als ein Killer, sondern als ein Mensch mit Würde, Schmerz, Humor und Sehnsucht. Eine Figur, die zeigt, dass auch im Dunklen eine gewisse Wärme wohnen kann, wenn man bereit ist, sie zu sehen.
Ich brauchte anfangs ein wenig Zeit, um mit Billy Summers warm zu werden, muss ich ehrlich sagen. Spätestens, als dann Alice ins Spiel kam und die Geschichte irgendwie eine neue Wendung nahm, passierte dies dann plötzlich ganz schnell.
Nur noch ein paar Seiten… und schon wieder brauche ich Nachschub…


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