Genozid = Völkermord


Es gibt Wörter, deren Bedeutung unglaublich schwer sind. Genozid ist eines davon. Schon das Hören dieses Wortes legt sich wie ein Stein auf die Brust. Es bedeutet den Versuch, eine ganze Gruppe von Menschen auszulöschen. Wegen ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Kultur oder einfach, weil sie anders sind.

Der Begriff wurde 1944 von Raphael Lemkin geprägt. Er war ein polnisch-jüdischer Jurist, der selbst vor den Nationalsozialisten fliehen musste. Für ihn war klar: Solche Verbrechen brauchen einen Namen. Einen Namen, der nicht verharmlost, nicht verschleiert, sondern benennt, was geschieht. Das Wort setzt sich aus genos (Volk, Stamm) und caedere (töten) zusammen. Wörtlich bedeutet es „Völkertötung“.

Wenn wir an Genozid denken, kommt uns sofort der Holocaust in den Sinn. Millionen von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderungen, politische Gegnerinnen und Gegner und viele andere wurden damals grausam ermordet. Später gab es Ruanda, Bosnien, Armenien… die Liste ist erschreckend lang.

Und jetzt schauen wir nach Gaza. Dort berichten die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen von systematischer Zerstörung. Ganze Städte wie Khuza’a wurden dem Erdboden gleichgemacht. Niemand kann flüchten, alles ist abgeriegelt. Ein riesiges Gebiet voller Menschen, die gefangen sind. Es fehlt an Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung. Familien werden auseinandergerissen, ganz, ganz viele Kinder sterben an Hunger und Bomben. Also sie werden systematisch zu Tode gehungert.

UN-Expertinnen sagen, während Staaten noch darüber diskutieren, ob es ein Genozid ist, wird das Leben der Menschen in Gaza weiter ausgelöscht. Amnesty International spricht von eindeutigen Beweisen für Völkermord. Und doch wird gestritten. Um Begriffe, um juristische Definitionen, um politische Interessen. Währenddessen verlieren Menschen ihr Zuhause, ihre Familien, ihr Leben.

Ob der internationale Gerichtshof in Den Haag den Mut haben wird, diesen Krieg als Genozid zu benennen, bleibt ungewiss. Ein Urteil wird noch lange nicht erwartet. Doch die Frage ist nicht nur, wie wir es nennen. Die Frage ist, ob wir hinschauen, ob wir unsere Stimmen erheben, ob wir Menschlichkeit zeigen.

Genozid ist kein schönes Wort. Es beschreibt furchtbare Taten, von Menschen verübt. Aber gerade darum dürfen wir es nicht verdrängen. Wir müssen es aussprechen, um nicht zu vergessen. Denn nur wenn wir uns erinnern, können wir verhindern, dass es sich wiederholt. Und die Stimmen aus Gaza mahnen uns, dass „nie wieder“ nicht irgendwann, sondern jetzt gilt.

Und wenn wir ehrlich sind, es wiederholt sich ja jetzt schon.

Und wir schauen nicht hin…

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About Me

Mein Name ist Andrea und ich bin die Frau hinter den Worten und Gedanken in diesem Blog.
Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.