Gaza


Es fällt mir schwer, darüber zu lesen und darüber schreiben. Und doch ist Schweigen manchmal schlimmer, denn Wegschauen ist keine Option. Auch wenn es viele tun. Auch wenn es viel einfacher und entspannter wäre. Aber das ist die Welt, in der wir leben. Sie ist nicht einfach so wie sie ist. Krieg passiert auch nicht einfach so. Menschen tun das.

Wir Menschen sind dafür verantwortlich. Für alles und wie wir mit dieser Welt und miteinander umgehen.

Deswegen.

Was im Moment in Gaza geschieht, ist eine humanitäre Katastrophe. Es ist ein Krieg, nicht nur zwischen Regierungen, sondern einer, der Menschen sehr krass trifft. Familien. Kinder. Mütter. Väter. Alte Menschen. Es ist ein Konflikt, der tief verwurzelt ist in Jahrzehnten von Gewalt, Macht, Angst, Vertreibung, Trauma. Und jetzt zeigt sich deutlich, dass nichts gelöst ist. Alles brennt.

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem tausende Menschen getötet oder verschleppt wurden, hat sich die Lage dramatisch verschärft. Israel reagierte mit massiven Militärschlägen auf den Gazastreifen. Seitdem sind zehntausende Menschen gestorben – die allermeisten davon Zivilisten in Gaza. Krankenhäuser wurden bombardiert, Schulen zerstört, und ganze Wohnviertel liegen in Trümmern. Millionen sind auf der Flucht. In einem Gebiet, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Es fehlen Wasser, Strom, Medikamente, Nahrung. Und immer wieder hören wir von Kindern, die alleine überleben müssen, weil ihre Eltern tot sind. Von Babys, die in Brutkästen sterben, weil der Strom ausfällt. Von Menschen, die stundenlang neben den Leichen ihrer Angehörigen sitzen, weil niemand kommt. Wir sehen Bilder von verhungernden Menschen.

Und ja, es gibt auch auf israelischer Seite tiefe Wunden. Traumata. Angst. Wut. Eine ganze Gesellschaft lebt seither im Schockzustand. Sirenen, Bunker, Angst vor neuen Angriffen. Auch dort trauern Familien, auch dort gibt es Verlust, Unsicherheit, Trauma.

Aber was man nicht vergessen darf: Gaza ist abgeriegelt. Die Menschen dort sind eingesperrt. Sie können nicht fliehen, selbst wenn sie wollten. Und die Bomben fallen weiter.

Was gerade geschieht, ist mehr als nur ein Krieg. Es ist ein Spiegel der Menschlichkeit oder eben ihrer Abwesenheit. Es geht nicht nur um Politik, Raketen und Grenzen. Es geht darum, dass wir als Weltgemeinschaft zuschauen, wie Menschen sterben. Und dass wir uns zu oft damit trösten, dass das „zu kompliziert“ sei, um sich einzumischen. Zu belastend. Hier ein Aber und dort ein Aber…

Ich glaube, man muss nicht alle geopolitischen Hintergründe kennen, um Mitgefühl zu empfinden. Man muss kein Experte sein, um zu wissen, dass Kinder nicht verhungern oder in Ruinen sterben dürfen. Dass Menschen ein Recht auf Leben, auf Sicherheit, auf Würde haben, egal, wo sie geboren wurden.

Ich schreibe diesen Text nicht, um Partei zu ergreifen, sondern um meine Stimme zu erheben für Menschlichkeit. Für das Recht auf Leben. Für den Schmerz, der uns verbinden sollte, anstatt uns zu trennen.

Vielleicht können wir nicht die Welt verändern. Aber wir können anfangen, hinzusehen. Fragen zu stellen. Mitgefühl zu zeigen. Und unsere Werte nicht dem Schweigen zu opfern.

Bomben, Waffen und Hass bringen keinen Frieden.

2 Antworten zu „Gaza”.

  1. Hallo Reiner
    Vielen Dank für deinen Kommentar…

    Wir alle hier sehen und hören von all dem nichts oder fast nichts und es wäre so wichtig, dass wir würden. Dann realisieren wir nämlich, dass dort (und auch anderorts auf der Welt) unfassbar schlimme Dinge passieren. Wobei ich nicht „passieren“ sagen möchte, sondern sie werden von Menschen verübt. Ganz, ganz schlimme Dinge. So schlimm, dass wir es uns nicht oder wenn, dann nur ansatzweise vorstellen können.
    Erzähl davon, schreib davon.
    Danke.

    Gefällt 1 Person

  2. Mein palästinensischer Freund und Kollege erklärte mir das vor langer Zeit mal so:

    Stell dir vor, es kommen eines Tages Fremde in dein Dorf und in alle anderen Dörfer rundum. Du hörst ihre furchtbare Geschichte und gewährst ihnen Obdach. Doch dann dreht sich das Blatt, sie behaupten, all dies, was deins ist, was seit Generationen in deiner Familie war, ist ab nun ihres und du wirst in kurzer Zeit zum Gefangenen im eigenen Land, dein Dorf wird zwangsgeräumt, dein Volk zu Hunderttausenden vertrieben. Die Verbleibenden werden drangsaliert, als Menschen zweiter Klasse behandelt, mutwillig inhaftiert, gemordet, in zugewiesenen Restgebieten eingesperrt, bewacht und dort nach Kräften schikaniert und drangsaliert. Was würdest du tun…

    Ich könnte seitenlang weiterschreiben, es empört mich unglaublich, was der zionistische Apartheidstaat derzeit in Gaza verbricht und ich schäme mich für meine Regierung, den neuesten Aufruf zum Ende des Genozids durch Hunger und Gewalt sofort zu beenden, nicht mit unterschrieben zu haben.

    Einseitig? Kann sein. Damit kann ich leben.

    Mal eine andere, aber auch passende Sicht: Meine Frau ist Armenierin und ist, wie ihre Familie, die ersten Jahre in Istanbul aufgewachsen. Das ehemalige Siedlungsgebiet der Armenier erstreckte sich einst vor 1200 Jahren vom Mittelmehr bis zum kaspischen Meer. Auch ihr Volk wurde Opfer eines Genozids, Opfer von permanenter Diskiminierung und Vertreibung. Die heutige Republik Armenien stellt nur einen Bruchteil des eigentlichen Siedlungsgebietes dar. Kannst du die den Aufschrei der Welt vorstellen, würden sie ihre ursprünglichen Gebiete einfordern, mit roher Gewalt angesichts mächtiger Freunde? Natürlich ist das Fiktion und wird nie geschehen. Aber so weit hergeholt finde ich den Vergleich nicht.

    Sorry für so viel Text … L.G., Reiner

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar

About Me

Mein Name ist Andrea und ich bin die Frau hinter den Worten und Gedanken in diesem Blog.
Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.