Erwin Jekelius war ein österreichischer Arzt, der eine zentrale Rolle im sogenannten „Euthanasie-Programm“ der Nationalsozialisten spielte, einem der grausamsten Kapitel der Medizin- und Zeitgeschichte.
Geboren 1905 in Wien, absolvierte Jekelius ein Medizinstudium und war zunächst als Arzt tätig. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich trat er der NSDAP und der SS bei und begann bald darauf seine Laufbahn in der NS-Krankenmord-Politik.

Jekelius war in der Wiener Landesanstalt Am Steinhof tätig, zu der auch die sogenannte Kinderklinik Am Spiegelgrund gehörte. Diese Einrichtung wurde unter den Nationalsozialisten zur Mordstätte: Unter dem Deckmantel der medizinischen Betreuung wurden dort systematisch Kinder mit Behinderungen, Entwicklungs-verzögerungen oder auffälligem Verhalten getötet, oft durch Medikamenten-Überdosen, Hunger oder gezielte Vernachlässigung.

Als Leiter des Gesundheitsamtes Wien war Jekelius nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich stark in das T4-Programm eingebunden, das zentrale NS-Vernichtungsprogramm für Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen. Unter seiner Leitung wurden unzählige Meldebögen gesammelt, Begutachtungen durchgeführt und Todestransporte organisiert. Er war mitverantwortlich für die bürokratische Effizienz dieser industriell geplanten Morde.

Besonders perfide war Jekelius’ Doppelfunktion als Arzt und Ideologe. Er verstand es, die Tötungen als „Gnadentod“ zu verklären und propagierte die Idee, dass das Leben von „unheilbar Kranken“ eine Belastung für die Gesellschaft darstelle.
Damit trug er zur moralischen Legitimierung des Massenmords bei, sowohl innerhalb der Ärzteschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit, die vielfach wegschaute oder mittrug.

Privat war Jekelius mit Hitlers Schwester Paula in Kontakt, was ihm vorerst zusätzlichen Rückhalt im System verschaffte, was jedoch nicht lange anhielt.
Von einem freundschaftlichen veränderte sich das Verhältnis von Hitlers Schwester zu Jekelius in ein intimes. Paula Hitler und Erwin Jekelius wollten heiraten. Hitler lehnte den Heiratswunsch der beiden jedoch ab, weswegen der Psychiater in Schwierigkeiten geriet, 1941 in Berlin verhaftet und verhört wurde und das Verhältnis abbrechen musste.

1941 wurde Jekelius zur Wehrmacht eingezogen und geriet 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. In Moskau wurde er 1946 wegen Kriegsverbrechen zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er starb 1952 im Gefängniskrankenhaus in Butyrka, seine Leiche wurde nie überführt.

Diesen Ausschnitt aus dem Verhörprotokoll von Dr. Jekelius habe ich im Internet gefunden:

1941, „nach dem Eintreffen von Dr. Gross begannen wir in unserer Klinik mit der Vernichtung der Kinder […] mein Gehilfe Dr. Gross hatte einen praktischen Lehrgang zur Tötung von Kindern absolviert. Monatlich töteten wir zwischen 6 und 10 Kinder … Dr. Gross arbeitete unter meiner Leitung. Die Tötung der Kinder nahm er auf der Grundlage seiner Erfahrungen und Instruktionen vor. Nach der Einführung von Luminal (über den After) in den Organismus des Kindes schlief dieses sofort und befand sich über 20–24 Stunden in diesem Zustand. Anschließend trat zwangsläufig der Tod ein.
In wenigen Fällen, so Jekelius, habe die Dosis nicht genügt, dann habe Dr. Gross „zur Erreichung des Zieles in Absprache mit mir einen tödlichen Cocktail auf Morphiumbasis injiziert.

Der Name Jekelius steht heute für die gefährliche Verbindung von medizinischer Macht und politischer Ideologie. Sein Leben zeigt, wie tief sich einzelne Menschen in ein System der Vernichtung einlassen können. Nicht aus Zwang, sondern aus Überzeugung. Es mahnt uns, wachsam zu bleiben, wenn Wissenschaft, Politik und Menschenwürde in ein Ungleichgewicht geraten.

Wenn es dich interessiert, siehe auch Ich möchte euch Hans Asperger vorstellen und Kinderklinik Am Spiegelgrund, Wien