Über das Sterben


Eigentlich leben wir Tag für Tag so, als würde es für immer so weitergehen.
Im Wissen, dass dem nicht so ist.
Dieses Wissen ist irgendwo in unserem Hinterkopf versorgt.
Zwar allgegenwärtig und doch irgendwo in einer Schublade, die wir lieber nicht zuuuu oft öffnen.. So ist es viel besser für unsere psychische Gesundheit.

Ich vermute, es geht jedem / jeder so, dass man es sich gar nicht vorstellen kann, wie die Welt oder das ganze Leben ohne sich selbst sein würde.
Dann, wenn man eines Tages einfach nicht mehr da ist…

Vermutlich haben wir es ja leider alle schon erlebt, dass ein Mensch oder ein anderes Lebewesen in unserem Umfeld plötzlich weg ist.
Es gibt ja unterschiedliche Arten von „weg sein“ und es muss nicht unbedingt der Tod sein, der etwas beendet.
Es kann auch das Leben sein…

Wir erleben es in verschiedenen Lebensbereichen, dass Menschen sich aus unserem Umfeld entfernen und damit auch manchmal mehr, manchmal weniger aus unserem Leben. Also wenn Beziehungen auseinander gehen oder Freundschaften. Das kann durchaus sehr einschneidend und auch schmerzhaft sein.
Oder befreiend. Beides ist möglich.
Wenn jemand kündigt zB auch, wenn jemand umzieht usw.

Ich glaube, wenn wir von jemandem wissen, dass er / sie geht, egal ob es noch einen Tag oder ein paar Monate dauert, dann fühlt es sich bereits so an, als sei er / sie bereits gegangen. So funktionieren wir. Wenn diese Person ersetzt werden soll, zB im Beruf, dann beschäftigt sich das ganze berufliche Umfeld ab dem Zeitpunkt der Mitteilung nicht mehr mit dem Jetzt, sondern mit dem Danach
Das gibt es ja auch anderswo, zB gibt es viele Menschen, die die Nachfolge organisieren, bevor sie eine Beziehung oder was auch immer beenden.
Das sind dann wieder andere Themen…

Heute möchte ich über das endgültige Weggehen nachdenken und schreiben. Über das Sterben.
Ich finde es sehr spannend, mich mit diesem Thema zu befassen. Sehr interessant. Und irgendwie kann es aber auch irgendwann unangenehm werden, weil es einem einfach sehr nahe geht.
Weil es total unfassbar und unbegreiflich ist.
Weil es so schmerzhaft ist, wenn jemand stirbt, den oder die wir sehr lieb haben.
Weil wir sie oder ihn vermissen.
Weil der Tod. ein Loch in unser Leben reisst, wenn jemand mit ihm das Leben verlässt.
Weil wir uns nicht verabschieden konnten vielleicht.
Weil wir noch so vieles hätten sagen wollen.
Weil wir noch mehr Zeit mit dieser Person verbringen wollten.
Und weil wir nicht sicher sind, ob wir genug gesagt haben, dass wir sie oder ihn lieb haben, schätzen oder was auch immer…
Und weil wir ja eh keine Erklärungen finden und keine Antworten darauf, was uns eigentlich beschäftigt. Das Danach.

Es ist ja auch gut, dass unser Leben endlich ist.
Dass nichts für immer ist.
Wir Menschen sind für das einfach nicht gemacht, obwohl wir es wohl irgendwie gerne hätten. Oder wären. Unsterblich. Unverletzlich. Und für immer jung, faltenfrei und gesund oder zumindest so lang wie möglich.

Wenn ich mich mit Menschen unterhalte, die gläubig sind – egal welcher Glaube – dann finde ich ihre Ansichten gerade bei diesem Thema oft sehr schön.
Ich wollte zuerst schreiben „die sehr gläubig sind“. Aber ich. glaube, ein wenig gläubig gibt es nicht. Entweder ist man gläubig nicht. Oder?
Ich bin das nicht. Ich bin nicht gläubig. Ich habe dieses Gottvertrauen nicht, dass er einen Plan für mich hat und dass alles so ist und wird, wie er es für mich vorgesehen hat. Dass ich alles in seine Hände legen kann und es wird gut.
Ich mache mich nicht lustig darüber, wirklich nicht. Es ist auch nicht sarkastisch oder ironisch gemeint. Ich finde es schön, wenn andere Menschen diesen Halt für sich gefunden haben.
Ich habe ihn nicht. Bzw ich habe ihn sehr wohl. Aber nicht im Glauben an eine Religion, sondern anders. Im Glauben an das Gute. Im Glauben daran, dass wir, egal was das Leben mit uns macht, in der Liebe und im Positiven ganz vieles verändern und auf gute Wege leiten können. Ich glaube sehr an Karma und dass das, was wir tun, nicht nur auf andere wirkt, sondern auch auf uns. Jetzt, später oder irgendwann…

So denke ich in diesen Tagen sehr an Auntie Phyllis, die nicht meine Tante war, sondern meine Schwiegertante. Die sich aber so angefühlt hat, als wäre sie meine. Von Anfang an. Eine Seelenverwandte. Eine wahnsinnig kluge und tolle Frau. Dem Leben zugewandt, interessiert und offen, trotz ihres hohen Alters. Eine Frau, die Schicksalsschläge hinnehmen und überstehen musste. Und die immer wieder ihren Weg in die Zuversicht und in etwas Gutes gefunden hat, auch wenn es manchmal ein langer war…

In Dankbarkeit denke ich an dich, liebe Phyllis.
Ruhe in Frieden.

2 Antworten zu „Über das Sterben”.

  1. Ja, ich bin wohl auch so.

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  2. Zu glauben, heißt möglicherweise Halt zu finden, selbst dann, wenn man fällt, Geborgenheit zu finden, wo es eigentlich keine gibt. Als Ungläubiger stehe ich außerhalb dieses Kreises. Ich bin verletzlich, lebe nur auf einem schmalen Grat und jeder Augenblick kann das Andere bringen, auf das ich nicht vorbereitet bin, auf das ich mich nicht vorbereiten kann. Ich bin kein Ungläubiger aus Überzeugung, ich weiß vielmehr um meine sehr begrenzte Fähigkeit etwas zu be- greifen, etwas zu erkennen, etwas zu durchdringen. In uns, um uns, können völlig andere Welten existieren, aber ich kann nur einen winzigen Teil, meine scheinbare Realität, wahrnehmen und auch das nur in einem sehr engen Käfig namens „Zeit“. Sich einen Gott auszudenken kann ich darum gut verstehen, denn es ist unendlich beängstigend das Paradies des Behütetseins durch die eigene Bewusstwerdung für immer verlassen zu müssen. Dieses Erwachen als Mensch ist teuer erkauft, aber es birgt in sich keine Erhellung. Und trotzdem erlebe ich schöne Augen-, Lichtblicke, die mich vergessen lassen, was ich bin. Dann stehe ich für winzige Bruchteile wieder auf der anderen Seite, die es trotzdem nicht gibt.

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About Me

Mein Name ist Andrea und ich bin die Frau hinter den Worten und Gedanken in diesem Blog.
Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.