
Es war ein früher Morgen im Garten, die Sonne schickte erste helle Strahlen durch das Gras, das noch vom Tau glänzte. Die drei kleinen Superhelden erwachten in ihrem Häuschen und streckten sich, bereit für neue Abenteuer.
Tina war als Erste draussen. Ihr langes, hellbraunes Fell flatterte leicht im Wind, und der gelbe Umhang mit dem grossen „T“ leuchtete in der Morgensonne. Sie schnupperte neugierig am Boden, als etwas Glänzendes im Gras ihre Aufmerksamkeit erregte.
„Oh! Was ist denn das?“ rief sie.
Jimmy und Arja kamen sofort angelaufen.
„Was hast du gefunden?“ fragte Jimmy mit einem Stückchen Heu im Mund.
Tina beugte sich vorsichtig vor. „Seht mal… es glitzert!“
Vor ihnen lag ein einzelner, wunderschöner Flügel. Er war hauchdünn, zart und schimmernd, in Violett- und Türkistönen. Kleine goldene Punkte zierten seine Ränder.
Arja holte sofort ihre Lupe hervor und betrachtete ihn. „Ich glaube fast, das ist ganz der Flügel einer Fee. Was sonst würde so schön schimmern?“
„Oder ein bisschen Haut von einer Meerjungfrau!“ flüsterte Jimmy ehrfürchtig. Aber es war ihnen natürlich klar, dass dies unmöglich war, denn wie sollte das denn zu ihnen in den Garten gelangen…
Sie setzten sich in einem Halbkreis davor und überlegten.
„Vielleicht hat eine kleine Fee hier im Garten getanzt und hat ihn dabei verloren. Hoffentlich ist ihr nichts Schlimmes passiert“ meinte Tina besorgt.
„Oder jemand hat seine Flügel ausgezogen und hier auf den Boden gelegt, um ein Bad im Morgentau zu nehmen“ überlegte Jimmy laut.
Sie schauten noch lange den Flügel an, betrachteten jedes Muster, jede Linie. Und obwohl es sehr schön war, fühlten sie auch etwas Seltsames, so als würde eine leise Traurigkeit sie umgeben.
Sie beschlossen, ihn weder anzufassen noch mitzunehmen, falls ihn eine Fee suchen würde.
Später an diesem Tag, als sie schon gar nicht mehr so daran gedacht hatten, entdeckte Arja etwas unter einem Lavendelbusch.
„Jimmy… Tina… kommt schnell.“
Dort lag ein Schmetterling. Ganz still. Es war ein Körper, lange Beinchen und nur ein einziger Flügel. Der schöne Schmetterling war tot, das stellten sie fest, als sie bemerkten, dass er nicht mehr atmete und auch sein kleines Herz hatte aufgehört zu schlagen.
„Oh nein“, flüsterte Tina. „Es war doch kein Feenflügel…“
Jimmy schluckte. „Es ist ein Schmetterlings-Flügel.“
Sie setzten sich still daneben. Der kleine Schmetterling hatte den Garten geliebt, das wussten sie. Er war oft über ihre Köpfe hinweggeflogen, hatte sich auf Blüten gesetzt oder sich vom Wind treiben lassen.
„Wir müssen etwas tun“, sagte Arja leise. „Wir können ihn doch nicht einfach so hier liegen lassen.“
Sie trugen vorsichtig Blütenblätter herbei. Gelbe, rosafarbene und blaue und legten sie um den Schmetterling herum, wie einen kleinen, bunten Kranz. Tina brachte den Flügel und legte ihn ganz sanft neben den Schmetterling.
Es sah wunderschön aus.
Dann sassen sie noch eine Weile dort, ganz still.
„Wir nennen ihn Schimmerschön“ sagte Jimmy.
„Und wir vergessen ihn nie“ fügte Arja hinzu.
Am Abend, als die Sonne unterging und der Himmel in leichten Orange-Tönen leuchtete, wehte ein Windhauch durch den Garten und strich sanft über ihre Fellnasen.
„Vielleicht ist er jetzt wirklich eine kleine Fee geworden“ sagte Tina zu den beiden andern.
Und irgendwie war es, als hätte der Garten für einen Moment lang ganz still den Atem angehalten. Es war so ein trauriger Moment und gleichzeitig auch so wunderschön…
ENDE.



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