
Es war ein ruhiger Morgen nach einer viel zu warmen Nacht. Die drei kleinen Superhelden Jimmy, Tina und Arja lagen noch ein bisschen schläfrig in ihrem Häuschen, als ein Windhauch durchs Gehege strich. Er war richtig angenehm und kühl und trug den Duft von feuchter Erde und Lavendel mit sich.
„Lass uns heute mal ein bisschen auskundschaften, solange es noch nicht zu heiss ist“ schlug Arja vor. „Nicht rennen oder über Hindernisse springen, einfach nur schauen, was es zu entdecken gibt.“
„Und riechen!“ ergänzte Tina. „Vielleicht hat die Menschen-Mama irgendwo Kräuter hingestellt.“
„Oder einen frischen Salat vergessen ins Haus zu nehmen“ fügte Jimmy mit einem Zwinkern hinzu.
Sie schlüpften durchs Türchen raus ins Gehege und spähten durch die kleinen Lücken im Zaun. Dann, als die Menschen-Mama gerade das Gras auf der anderen Seite fertig gemäht hatte und ins Haus ging, nutzten sie den Moment, um leise durch ein kleines Schlupfloch in den Garten zu kriechen, das war ihr Geheimweg.
Sie trotteten gemächlich über das frisch gemähte Gras, vorbei an Gänseblümchen und einem Ameisenhaufen, der emsig vor sich hin arbeitete. Als sie zu einem wunderschönen alten Baum kamen, blieben sie plötzlich stehen.
Vor ihnen lagen drei kleine Gräber. Auf ihnen wuchsen bunte Blumen und in jedem steckte ein kleines Holzschild. Die Namen darauf waren mit einem schwarzen Stift geschrieben: Luna, Lotti, Luki.
„Lotti…“ flüsterte Tina und die beiden andern merkten, wie gerührt sie plötzlich war.
Sie ging ganz nah an das mittlere Schild heran. Ihr hellbraunes Fell bewegte sich leicht im Wind. „Ich glaube, das muss das Grab von Lotti sein. Ich kann mich gut an sie erinnern. Sie war soooo ein liebes und wunderschönes Meerschweinchen. Eine richtige Queen! Zum Schluss war sie sehr krank und müde. Die Menschen-Mama und das Menschen-Mädchen gingen mit ihr zur Tierärztin und kamen später ohne sie zurück. Beide haben sehr geweint, ich erinnere mich ganz genau.“
Jimmy setzte sich neben sie. „Sie hat mir einmal ein Gurkenstück weggeschnappt, obwohl sie ganz schwach war. Sie war auch eine Superheldin, so stark und tapfer.“
„Und liebevoll“ sagte Arja. „Ich kannte sie auch, ich war damals noch ein kleines Baby-Meerschweinchen und du auch, Jimmy. Ich glaube, wir waren für Lotti ein bisschen zu laut und zu wild. Aber… Luna? Luki?“
Tina schüttelte den Kopf. „Luna war vor meiner Zeit. Die Menschen-Mama hat mir einmal von ihr erzählt. Dass sie ganz jung krank wurde. Sie war wohl zusammen mit Lotti das erste Meerschweinchen, das je hier lebte. Und Luki kam, als sie gestorben ist und danach gleich ich. Ich war ganz winzig, als sie mich adoptiert haben.“
„Dann ist das hier ein Erinnerungsort“ sagte Arja ehrfürchtig. „Ein Platz, wo man die Meerschweinchen besuchen kann, die vorausgegangen sind.“
Die drei sassen lange schweigend da.
In der Ferne bellte ein Hund. Doch unter dem Baum war es ganz ruhig. Das war ein stiller, friedlicher Ort.
Jimmy legte sich hin und schnaufte tief aus. „Weisst du, ich glaube, es ist schön, dass sie hier begraben sind. Im Garten. Unter diesem Baum.“
Tina nickte. „Dann sind sie immer ein bisschen bei uns.“
Arja schloss die Augen. „Und wer weiss… vielleicht schauen sie manchmal von oben zu uns runter und lachen, wenn wir Unsinn machen.“
Sie lachten leise über diesen Gedanken und das Lachen war nicht traurig, sondern warm und sehr, sehr liebevoll. Wie eine Erinnerung, die plötzlich wieder hell in einem aufleuchtet und im Herzen ein wunderschönes Gefühl hinterlässt.
Dann machten sie sich langsam auf den Rückweg. Sehr dankbar dafür, so ein schönes Zuhause zu haben.
Sie waren sehr berührt von diesem Erlebnis und nahmen sich vor, beim nächsten Besuch der Gräber schöne Blümchen und Blätter mitzubringen.
ENDE.



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