Beschreibe eine Phase in deinem Leben, von der du dich schwer verabschieden konntest.
Verabschiedet sich überhaupt jemals jemand bewusst von einer Phase seines Lebens? Das kann ich mir nicht vorstellen, denn die Phasen des Lebens gehen ja fliessend ineinander über, ohne dass wir das gross merken würden.
Es ist ja nicht so, als ob die einzelnen Phasen klar voneinander abgegrenzt wären. So als stände man am Ende der Kieselstein-Phase und sähe nun als nächstes die Gras-Phase unter seinen Füssen auftauchen. Oder als käme man an eine Tür, die einen in die nächste Phase des Lebens führen würde.
Als ob man sich heute von den adoleszenten Lebensjahren verabschieden würde, um morgen ins Erwachsenen-Leben zu treten… Natürlich gibt es solche Schritte tatsächlich. ZB mit 18 wird man erwachsen, jedenfalls von der Anzahl Jahre her. Innerliches Erwachsensein ist dann meiner Meinung nach nochmals ganz etwas anderes.
Ich stelle mir die Lebensphasen ein bisschen so vor, als male man mit Aquarellfarben und liesse diese ineinander fliessen.

So wie auf dem Bild. Plötzlich ist das Orange nicht mehr rein orange, sondern wird ganz langsam immer mehr zu gelb, bis es dann tatsächlich ganz gelb ist.
Die Phasen des Lebens sind Lebensabschnitte und Entwicklungsschritte. Manchmal passiert etwas im Leben, das uns ruckartig in einen neuen Abschnitt befördert, zB. die Geburt eines Kindes, eine Heirat, ein Todesfall, ein Unfall, Schulabschluss, Pension, ein Jobwechsel oder eine andere grosse Veränderung. Das kann irgendetwas sein und muss nicht zwingend in „gut“ oder „schlecht“ unterteilt werden.
Manchmal passiert aber keine grosse Veränderung, kein grosser Einschnitt und trotzdem entwickeln wir uns im Verlauf des Lebens, gehen von Phase zu Phase. Wir eignen uns Wissen und Erfahrung an, wir werden vom Umfeld mitgeprägt und wir werden älter…
Ich könnte jetzt nicht sagen, dass es in meinem Leben eine Phase gab, von der ich mich ungern verabschiedet hätte. Natürlich gab es einfachere, aber auch schwerere Schritte und doch hatten sie alle wohl ihre Berechtigung. Es ist okay, so wie es ist. Ich finde, das Leben hat mir ganz viele Erfahrungen geschenkt und ich finde auch, dass ich diese gut verwertet habe. Besser ginge immer, das ist klar. Schlechter aber auch. Ich bin ganz zufrieden.
Jeder Mensch hört irgendwann mal auf, unbeschwert zu sein. Die Unbeschwertheit mag mit der Verantwortung kommen oder auch mit Erfahrungen, die schwerer auf einem lasten als andere. Bestimmt kommen einige Faktoren zusammen. Ich finde, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben müsste, möglichst sich möglichst lang in der Phase der Unbeschwertheit zu bewegen.
Ansonsten gehört alles zum Leben und es ist okay, wie es ist. Darüber nachzudenken bringt nichts und auch hadern nicht.
Vermutlich könnte man die fortschreitenden Lebens-Phasen noch viel positiver werten. Wie wunderbar ist es, älter oder sogar alt zu werden und wie wunderbar wäre es, wenn wir unserem eigenen Alter und auch dem anderer Menschen mit Achtung und Freude begegnen würden? Wenn sich niemand schämen müsste wegen seiner Falten und grauen oder keinen Haaren? Wenn wir die Zeichen, die das Leben auf unsere Gesichter und Körper zeichnet als schön und normal betrachten würden, statt aufgespritzte Lippen, ausdruckslose, faltenfreie Gesichter und mit Silikongel künstlich erstraffte Brüste und andere Körperteile?
Vielleicht hätten so ganz viele Menschen weniger Mühe, sich von Lebensphasen zu verabschieden und neue zu betreten…


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