
Offene Fragen sind grundsätzlich ja dafür da, um beantwortet zu werden. Ziel ist es eigentlich, möglichst viele davon zu beantworten und gleichzeitig auch immer wieder neue zu stellen, damit wir nie aufhören, zu lernen.
Fragen zu haben bedeutet, Interesse zu haben. Oder etwas noch nicht verstanden zu haben.
Kinder fragen ganz viel. In einem gewissen Alter hört man als Eltern den ganzen Tag „Warum?“, „Wie?“, „Was?“, „Weshalb?“ und dann wieder von vorne. Das braucht ganz schön viel Geduld manchmal und nicht nur das. Da kommen Fragen, von welchen wir die Antworten auch nicht immer so genau wissen. Ich finde das recht toll, denn so überlegt man sich, was man sagen möchte, was man darüber denkt oder man informiert sich, bevor man anwortet.
Ich glaube, es ist nicht das Ziel, keine Fragen zu haben. Es ist das Ziel, Antworten zu finden, um wieder neue Fragen zu stellen, denn nur so entwickeln wir uns.
Ich finde, dass viele Menschen zum Nicht-Wissen ein komisches Verhältnis haben. Manchmal scheint es so, als wäre die Erwartung (aber von wem?), dass wir grundsätzlich immer alles wissen sollen. Und dass fragen oder zu sagen „ich weiss es nicht“, ein Zeichen von Dummheit sei.
Ich glaube, es ist das Gegenteil. Ich glaube, es ist tatsächlich sehr klug zu wissen, dass wir unmöglich alles wissen können und schon gar nicht müssen. Es ist auch sehr klug, Fragen zu stellen. Es zeigt nicht nur Intelligenz, sondern dazu auch noch Interesse und Respekt. Für mich ist es in Konversationen tatsächlich ein No Go, wenn jemand so tut, als wisse er:sie genau Bescheid über ein Thema, man aber halt merkt, dass dies nicht so ist. So kann man sich nicht auf Augenhöhe unterhalten, denn so fühlt man sich nicht ernst genommen in diesem Thema.
Und ich glaube, das ist nicht mal wirklich so in den meisten Fällen, sondern dem Gegenüber fehlt einfach der Mut, etwas nicht zu wissen. Der Mut zur Lücke.
Und wenn man von jemandem etwas wissen möchte? Eine Frage oder Unklarheit klären? Und was ist, wenn dann keine Antwort kommt? Mit den modernen Kommunikations-Medien ist Ausweichen nicht schwierig. Da kann man ganz einfach nichts mehr zurück schreiben oder sogar ganz zu verschwinden von der Spielfläche.
Ich habe sowas vor x Jahren (Jahrzehnten) mal erlebt, aber doch anders. Ich war mit jemandem zusammen, aber noch nicht so lang, und plötzlich verschwand er. War nicht mehr erreichbar per Telefon und einfach weg. Der hat nicht Schluss gemacht, er ist einfach gegangen wie an jedem anderen Tag auch. Und seither habe ich nie wieder etwas von ihm gehört.
Irgendwann später habe ich von einer Bekannten erfahren, dass offenbar eine andere Frau von ihm schwanger geworden ist, während er noch mit mir zusammen war. Er hat sich dann für sie entschieden.
Da könnte man jetzt darüber diskutieren, was mehr Scheisse war. Das Fremdgehen oder das sich einfach Verpissen. Ich finde, das zweite, um ehrlich zu sein. Fair wäre es gewesen, die Beziehung zu beenden und mich mit einer klaren Situation zu hinterlassen. Aber DAS hätte ja vorausgesetzt, dass man Eier in der Hose hat und sich das traut…
Solche offenen Fragen können wirklich etwas schwierig auszuhalten sein. Jetzt nach so vielen Jahre ist das natürlich für mich gar kein Thema mehr und es ist mir auch total egal. Aber ich finde, sowas tut man einfach nicht. Es zeugt von einem sehr schwachen Charakter, wenn ihr mich fragt.
Ich habe so etwas ähnliches viel, viel später dann nochmal erlebt. Die Situation war total anders und doch irgendwie ähnlich.
Menschen, die sowas tun, die hinterlassen andere Menschen, die vielleicht traurig sind, unsicher, enttäuscht oder auch wütend. Und ganz, ganz oft zweifeln sie dann an sich selbst und überlegen sich ganz fest, was mit ihnen nicht stimmt, dass so mit ihnen umgegangen wird… Obwohl sie sich das nicht Fragen müssen, denn da hatten sie es einfach mit einer unreifen Person zu tun, die vermutlich nicht sehr gute Sozialkompetenzen hat. Und dennoch hilft es dann im Moment nicht so viel, das zu wissen, denn man sucht bei sich, sieht seine eigenen Makel und denkt man wäre nicht gut genug gewesen.
So gibt es nicht für alle offenen Fragen Antworten. Das bedeutet, dass wir es unter Umständen viel schwieriger finden, mit ihnen umzugehen oder sie irgendwo in unsererm Gedächtnis als erledigt abzuspeichern.
Fazit 1:
Sagt „ich weiss es nicht“ oder „damit kenne ich mich nicht so gut aus“ oder „Erklärst du mir das?“ und fragt nach, wenn ihr etwas wissen wollt oder noch genauer wissen wollt.
Fazit 2:
Wir müssen nicht alles wissen und wir müssen uns auch nicht für jedes Thema interessieren. Und das darf man auch so sagen.
Fazit 3:
Lasst andere Menschen nicht mit offenen Fragen oder an sich (ver-)zweifelnd zurück, nur weil ihr es schwierig findet, klar zu sein. Klare Situationen und beantwortete Fragen sind einfacher als unklare, offene.


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