Das generische Maskulinum


Sprechen wir doch heute mal über das generische Maskulinum.

Begriffserlärung:
Gemeint ist damit die geschlechtsübergreifende Verwendung eines maskulinen Wortes wie der Arzt bzw. die Ärzte für alle Menschen mit diesem Beruf: Die Ärzte in Deutschland sind gut ausgebildet(„Menschen aller Geschlechter mit der entsprechenden medizinischen Ausbildung“). (Duden)

Das generische Maskulinum wurde seit jeher vor allem für Berufsbezeichnungen verwendet. Also zB die Ärzte, die Piloten, der Müller. Ich lerne Schreiner usw.
Es ist nirgends zu finden, wann das generische Maskulinum eingeführt wurde und ich denke, es war einfach immer so. Gerade in Berufen war ja vor 100 oder mehr Jahren nicht die Sprache explizit das diskriminierende, sondern dass es in den meisten Berufen tatsächlich gar keine oder nur extrem selten Frauen gab. So überlegte man es sich wohl gar nicht, auch die Ärztinnen anzusprechen oder die Pilotin.
Die Berufswelt – und nicht nur die – wurde von Männern gemacht und beherrscht.
Oft kam es aber vor, und das war noch in meiner Kindheit so, dass die Frau über ihren Mann identifiziert wurde, also durchaus durch ihn oder seinen Titel einen gewissen Status erlangte. ZB die Frau Lehrer Bühler, die Frau Doktor Spiess, die Müllerin als Frau des Müllers, die Bäckersfrau.
Das Umgekehrte gibt es aber schon auch. Also Berufe, die im generischen Femininum ausgesprochen werden, aus den genau gleichen Gründen wie oben genannt, einfach anders rum. ZB. die Krankeschwester, die Putzfrau, die Hausfrau usw.

In den 70er Jahren kamen erste Diskussionen übers Gendern auf, wohl tatsächlich auch deswegen, weil es immer mehr Frauen gab, die sich nicht ausschliesslich ihrem Haushalt und der Familie widmeten, sondern vermehrt einem Beruf nachgingen. In den letzten Jahrzehnten und Jahren ist die Anzahl dieser Frauen sehr gestiegen und auch das Modell Familie ist im Wandel. Frauen haben Zugang zu guten Ausbildungen (war tatsächlich ja nicht immer so) und nutzen diese. Diese Frauen wollen und müssen auch dieses Potenzial nutzen, auch wenn sie eine Familie gründen.

Die ersten Diskussionen liefen also vor rund 50 Jahren und im Jahre 2023 sind wir immer noch nicht wirkich weiter. Frauen dürfen sich gerne angesprochen fühlen, sie aber explizit zu erwähnen, das ist dann doch zu anstrengend.

Es gibt übrigens auch, wie oben schon erwähnt, das generische Femininum. Da würde dann von Patientinnen, Ärztinnen und Teilnehmerinnen gesprochen oder geschrieben und die männlichen Anwesenden dürften sich gerne ansgesprochen fühlen…
Fair wäre eigentlich, für die nächsten 400 Jahre mal das generische Femininum einzuführen und zu erfahren, dass es vielleicht doch nicht nur Sprache ist.
Umgang mit Sprache hat ihren Ursprung darin, in was für einer Welt wir leben, zB im Patriarchat oder im Matriarchat. Dies hat Auswirkungen nicht nur auf die Sprache, sondern auf ganz viel anderes dazu.

Als ob nicht schon damit viele Menschen an ihre Grenzen stossen, aber es kommt noch etwas dazu.. Es gibt Menschen, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren und das ist für viele von uns noch neuer und ungewohnter, als nur die weibliche Form mit zu erwähnen.
Ich glaube, man kann sich ganz gut daran gewöhnen. Für viele Bezeichnungen gibt es neutrale Wörter zB. statt Teilnehmer:innen kann man Teilnehmende verwenden, für Zuhörer:innen Zuhörende, für Betreuer:innen Betreuungspersonen oder Betreuende, für Anwohner:innen Anwohnende usw.
So werden alle in einer unkomplizierten Art erwähnt und ein Text erscheint flüssiger als mit Gender-Stern oder Doppelpunkt, obwohl diese mich auch nicht stören.

Wie auch immer man es macht, ich finde, es gibt keinen Grund, es nicht zu tun.
Es gibt keinen Grund, gewisse Menschen in Erwähnungen auszuschliessen bzw nicht miteinzubeziehen.
Und im Umgekehrten gibt es jeden Grund, alle anzusprechen und es ihnen nicht nur zur Verfügung zu stellen, sich mitgemeint zu fühlen. Wenn man es sich genau überlegt, nimmt dieses „mitgemeint sein“ einem doch sehr viel an Wichtigkeit. und vermittelt das Gefühl, nicht wichtig genug, nicht erwähnenswert zu sein.

Und das möchten wir doch keinesfalls. Inklusion ist so vieles. Eine inklusive Sprache ist ein Teil davon.

3 Antworten zu „Das generische Maskulinum”.

  1. Volle Zustimmung meinerseits! 🌈

    Das Gedankenexperiment, was geschehen würde, wenn man zukünftig nur noch das generische Femininum benutzen „dürfte“, ist übrigens ein wirklich sehr interessantes.

    Ich bin sicher, etliche Männer, welche davor großspurig mit: „Was soll denn der Genderwahn? Frauen sind doch überall mitgemeint!“ durch die Welt gelaufen sind, kämen darauf gar nicht klar- 😂

    Es ist schlichtweg nicht schön, immer nur im Stillen „mitgemeint“ zu sein.

    Liebe Grüße! VVN

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  2. Naja. Wer nicht angesprochen wird, bekommt vermutlich auch keinen höheren Lohn. Alles hängt zusammen.

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About Me

Mein Name ist Andrea und ich bin die Frau hinter den Worten und Gedanken in diesem Blog.
Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.