Erinnerungen – wie sie verblassen und was bleibt


Ich glaube, seit ich ein Kind habe, denke ich wieder mehr an meine eigene Kindheit zurück. An meine Familie, Erziehung, Erlebnisse… Ich würde sie gerne so manches fragen, das geht aber nicht mehr. Welche Kinderkrankheiten hatte ich wann? Wie war ich? In welchem Alter war das, als ich den Arm gebrochen habe? Und wann war das, als wir Läuse hatten? Warum habt ihr mein Kaninchen geschlachtet und gegessen? Ich möchte soooo gerne, dass sie mein Kind kennen würden und mein Kind sie.

Leider erinnere ich mich tatsächlich nur an wenig, sogar die Erinnerung an meine Eltern verblasst. Ihre Stimmen, 19 und 10 Jahre lang nicht mehr gehört… ich kann mich nicht wirklich erinnern wie sie klangen, aber wenn ich sie hören würde, ich würde sie sofort erkennen. Was sie mir wohl sagen würden, wenn sie eine allerletzte Botschaft an mich hätten?

Ich kann mir ja auch überhaupt nicht vorstellen, wie meine Eltern jetzt wären, sozusagen als ältere Leute. Ich überlege mir das ja oft, was für Grosseltern sie wären, ob sie mich unterstützen und entlasten würden? Ich stelle mir alles einfacher vor, wenn sie noch leben würden. Bestimmt würden sie kommen und zum Kind schauen, wenn es zB krank ist und ich arbeiten muss. Dadurch würde unglaublich viel Druck von mir wegfallen. Aber es ist alles anders und wie es dann wäre, weiss man nicht. 

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Eltern mich und meinen Bruder in die Arme genommen und geknuddelt usw haben. Das heisst nicht unbedingt, dass sie es nicht getan haben, sondern dass ich es einfach nicht mehr weiss. Mir ist das mit meinem Kind sehr wichtig. Wir sagen uns sehr oft, dass wir uns lieben, wir knutschen und umarmen uns. Sie ist noch klein… unsere Beziehung wird sich verändern, aber hoffentlich liebevoll bleiben. 

Wenn ich in die Welt hinausschaue bzw soooo weit muss ich nicht schauen. In die Schweiz, in unser Dorf…. Dann sehe ich etwas, was mir meine Eltern mitgegeben haben. Etwas, was ich unglaublich wichtig finde. Offenheit und Toleranz, das Interesse an Menschen. Dass Fremde und ihre Kulturen mir nicht Angst machen, sondern mich interessieren. Ich finde, das fehlt an so vielen Orten so sehr….

Und der Glaube an das Gute. Alles wird gut. Irgendwie. Das. Vielleicht muss ich mich nicht an mehr erinnern, vielleicht ist das das allerwichtigste. 

2 Antworten zu „Erinnerungen – wie sie verblassen und was bleibt”.

  1. So schön und so wahr. Meine Eltern leben noch, aber trotzdem liegt so vieles im Nebel der Vergangenheit verborgen. Danke für deine Gedanken

    @kreuzweis

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  2. Schön, weise und gereift geschrieben. Danke.

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About Me

Mein Name ist Andrea und ich bin die Frau hinter den Worten und Gedanken in diesem Blog.
Alleinerziehende Mama eines Kindes im Autismus Spektrum, Sozialpädagogin und am Ende einfach ein Mensch auf dieser Erde wie jeder andere auch.

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